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(21) Assyrien - Glanz und Untergang

Aufstieg zur Weltmacht

Wir haben Assyrien das letzte Mal auch Dank von »Kings Mum« Sammuramat in sehr geordnetem Zustand zurückgelassen. Nun wollen wir schauen, was das Land aus dieser guten Ausgangsposition gemacht hat. 

 

Zunächst nervte ein Nachbar im Nordosten. Dort war seit Mitte des 9. Jh. v. Chr. mit Urartu ein neues Reich entstanden, das zwar nie die Stärke Mitannis erreichen konnte und das daher für Assyrien nicht wirklich existentiell gefährlich wurde, dessen ständiges Pieken aber irgendwie lästig war. Viele assyrische Könige, unter ihnen Salamanassar III., Assur-nirari V. (reg. 755 bis 745 v. Chr.) und Tiglatpilesar III. (reg. 745 bis 727 v. Chr.), kämpften gegen Urartu, meist sogar erfolgreich, allerdings ohne das Reich nachhaltig unterwerfen zu können. Bis zum Ende des Assyrischen Reiches blieb Urartu ein widerspenstiger Gegner.

 

Tiglatpilesar III. schaffte es aber, aus Assyrien wieder ein wirkliches Großreich zu machen. Phönizien, Damaskus und Palästina mit seinen Königreichen Israel und Juda wurden ihm tributpflichtig. Doch damit nicht genug, er errang auch die Oberherrschaft über Babylonien und war damit gleich dem Pharao Doppelkönig. So ein Double ist ja noch heute für manchen sehr erstrebenswert.

 

Mit Assyrien und Babylonien führte er zwei wirklich große Staatsgebilde, die er organisatorisch und kulturell-religiös durchaus eigenständig behandelte. Es muss ein weiser Mann gewesen sein, da er die an sich überlegene oder zumindest differenziertere Kultur Babylons nicht einfach unterpflügen ließ. Dennoch blieb ein Assyrer auf dem Thron Babylons ein Ärgernis für viele Babylonier und der Süden des Reiches damit ein ständiger Unruheherd.

Auch in den übrigen eroberten Gebieten ließ Tiglatpilesar die Verwaltung und Statthalter weitestgehend eigenständig agieren. Aber natürlich war er kein aufgeklärter Herrscher modernen Zuschnitts. Gefangene wurden gerne geköpft, verbrannt, auf Stangen gespießt oder was der Späße mehr sind. Dies geschah zu jener Zeit überall, es war kein Zeichen besonderer Grausamkeit.

 

Nach den beiden bekannten Zusammenbrüchen des Assyrischen Reiches, die natürlich auch damals überliefert waren, waren Tiglatpilesar und seine Vorgänger einem sehr starken Eroberungsdrang verhaftet. Größe schreckt potentielle Feinde ab, so dachte man. Zudem waren (und sind) außenpolitische Erfolge seit jeher ein probates Mittel, Kritiker im Inneren ruhig zu stellen. Aus dieser Strategie erwuchs allerdings so etwas wie ein Teufelskreis. Für die Eroberungen gebrauchte es Soldaten, für die Soldaten logischerweise Sold, dafür Einkünfte, also wieder mehr Land und mehr Soldaten. 

 

Vor inneren Kämpfen waren die Assyrer allerdings trotz aller Eroberungen und außenpolitischer Erfolge nicht gefeit. Nach Tiglatpilesars Tod kam zunächst sein Sohn Salmanassar V. (reg. 727 bis 722 v. Chr.) auf den Thron. Dort blieb er lange genug, um Kilikien und Samaria erobern zu können, wie uns die Bibel in 2. Könige 17, 3-6 berichtet. Warum nach ihm aber die Champagnerflasche mit neun Litern Inhalt, also dem Volumen von zwölf normalen Flaschen, benannt wurde, müssen wir leider im Dunkeln lassen. Übermäßiger Champagnerkonsum kann auf jeden Fall nicht der Grund gewesen sein, dass er ermordet wurde.

 

Sein Mörder und Nachfolger, der vielleicht sogar sein eigener Bruder war, setzte sich dann als Sargon II. (um 770/760 v. Chr. bis 705 v. Chr., reg. 722 bis 705 v. Chr.) an die Spitze des Reiches. Sein Königsname bedeutete "Legitimer König", was ein wenig dagegenspricht, dass er wirklich aus der Familie stammte. Er wählte ihn, um seinen Putsch ein wenig zu verbrämen und um an den ersten Sargon zu erinnern, der etwa 1500 Jahre zuvor in Akkad ein Großreich errichten konnte. Du hast das bestimmt nicht vergessen, oder? Das wäre vom zeitlichen Abstand her etwa so, als wenn sich ein deutscher Bundeskanzler unserer Tage den Beinamen Theoderich geben würde, um an den Gotenfürsten des 4. Jahrhunderts zu erinnern. Die Ahnen wurden früher doch mehr in Ehren gehalten.

Olaf erinnert im Übrigen an Olaf I. von Dänemark (1050 bis 1095, reg. 1086 bis 1095), der als habgierig und ungerecht beschrieben wird, und dem Missernten und Bauernunruhen während seiner Regierungszeit den Beinamen "Hunger" einbrachten. Vielleicht wäre das mit Theoderich doch mal zu überlegen …

 

Wie auch immer, Sargon machte seinem Namenspatron auf jeden Fall alle Ehre und konnte sich nicht nur nach innen behaupten, sondern auch die Grenzen des Reiches erneut weiter hinausschieben. Urartu wurde erneut geschlagen, auf Zypern im Westen und im Iran im Osten konnte er Brückenköpfe errichten. Auch die von Tiglatpilesar errungene Herrschaft über Babylonien konnte er wieder errichten, wo ein Herr chaldäischer Herkunft namens Marduk-apla-iddina II. (reg. 721 bis 710) die Wirren rund um die Machtergreifung Sargons genutzt hatte, eine eigene Herrschaft zu errichten. In den Namensbezeichnungen wechseln wir ein wenig zwischen den beispielsweise aus der Bibel bekannten wie Salmanassar und den transskribierten der Quellen. Lesbarkeit schlägt Konsequenz. Sieh es mir nach.

 

Was anscheinend viele Herrscher gerne tun, tat auch Sargon. Er gründete eine neue Hauptstadt namens Dur Scharrukin (Festung des Sargon), im Norden des Landes gelegen. Die Wahl dieser Festung schien jedoch nicht so ganz geglückt, denn sein Sohn und Nachfolger Sanherib (etwa 745 bis 681 v. Chr., reg. 705 bis 681 v. Chr.) blieb nicht dort. Er verlegte die Hauptstadt in das alte Ninive, das er dafür vollständig umbauen und mit einer Stadtmauer von 12 Kilometern Länge versehen ließ. Da der Reichsgott Assur diese ganzen Wechsel nicht mitmachte, blieb das alte Assur weiterhin der religiöse Mittelpunkt des Reiches, in dem sich die Könige auch weiterhin bestatten lieÜen. Vielleicht wollten die Herrscher irgendwann nicht mehr auf einem Friedhof leben und an ihre Vorväter erinnert werden.

 

Obwohl Sanherib durchaus innovativ war – so ließ er Kriegsschiffe auf Rollen vom Tigris zum Euphrat bringen – verlief seine Herrschaft wenig glücklich. Er scheiterte mit seinem Heer vor Jerusalem, wo Aufstände niedergeschlagen werden sollten. Vor allem wurde die assyrische Vorherrschaft in Babylonien erneut in Frage gestellt. In einer grausamen Strafexpedition ließ Sanherib Babylon dem Erdboden gleichmachen und die Statue des babylonischen Hauptgottes Marduk nach Assyrien entführen. Die Menschen waren durch Tiglatpilesar andere Herrschaftsmethoden gewohnt und entzogen Sanherib ihre Unterstützung. Er fiel einer Fronde zum Opfer, an der wohl auch ein oder mehrere seiner Söhne beteiligt waren.

 

Es verwundert ein wenig, dass sich trotz dieses Anschlags Sanheribs Sohn Asarhaddon (etwa 713 bis 669 v. Chr., reg. 681 bis 669 v. Chr.) als Nachfolger durchsetzen konnte. Wir wollen lieber nicht zu lange überlegen, welche Mittel er dafür eingesetzt haben könnte. Waren ja alles keine Kinder von Traurigkeit, diese Herrscher in spe. Auf jeden Fall machte er dann etwas sehr Vernünftiges: Er baute Babylon wieder auf, erneuerte den Marduk-Tempel und sorgte so für Frieden in seinem engeren Herrschaftsbereich. Dies gab ihm Zeit, sich um andere Dinge zu kümmern. Diese hießen Zypern (da waren die Assyrer ja schon einmal) und Syrien (da sowieso). Damit jedoch nicht genug. Im Jahr 671 kam es zur Invasion in Ägypten, der Pharao musste Unterägypten, also eine seiner Kronen, abgeben und in den Süden fliehen. Spätestens jetzt war Assyrien die führende Weltmacht. Aus dem Double war das Triple geworden.

 

Das Ende

Jede Rose hat ihre Dornen. Und auch das strahlende Assyrien war anfällig genug, dass von Nordosten her die dort lebenden Völker der Skythen und Meder das Land immer wieder überfallen konnten. Auch in Babylon rumorte es ständig. Selbst ein assyrischer Herrscher konnte seine Augen nicht immer überall haben, insbesondere wenn er in Ägypten unterwegs war.  Das lag weit weg im Südwesten am anderen Ende des Reiches. Auch Asarhaddons Sohn und Nachfolger Assurbanipal (etwa 685 bis 631/627 v. Chr., reg. 669/668 bis 631/627 v. Chr.) sah sich diesem Problem gegenüber, setzte aber auch weiterhin auf Expansion. Ihm gelang es sogar, die Grenzen des Reiches noch etwas weiter nach außen zu schieben. So wurde das ägyptische Theben erobert, immerhin etwa 800 Kilometer nilaufwärts. Quadrupel? Nicht wirklich. Dieser Erfolg währte nicht lange. Bereits 655 v. Chr. waren die Assyrer aus Ägypten vertrieben, sie mussten sich jetzt wieder auf das Naheliegende, sprich das immer wieder rebellische Babylon konzentrieren. Doch auch jetzt behielt Assurbanipal noch einmal die Oberhand. Er war wohl kein Schlechter. Sogar das störrische Elam bezwang er und machte es zu einem Vasallenstaat, gleiches gilt für Persien. König Kyros I. (vor 657 bis um 600/585 v. Chr., reg. etwa 640/610 bis 600/585 v. Chr.) schickte seinen Sohn als Geisel an den Hof in Ninive.

 

627 v. Chr. starb Assurbanipal. 18 Jahre später gab es Assyrien nicht mehr. Gehen wir mal von dem Jahr 660 v. Chr. aus, als die Assyrer noch in Ägypten halbwegs fest im Sattel saßen, dann dauerte es nur etwa 50 Jahre »from hero to zero«, vom Höhepunkt bis zur Auflösung. Hauptgrund war sicherlich die enorme Ausdehnung des Reiches, bei einer Reihe von latent innewohnenden Krisenherden, allen voran das unsichere Babylon. Beide Faktoren bedeuteten, dass eine gewaltige Militärmaschine benötigt wurde, um Ruhe im Inneren zu garantieren und die Feinde an den Grenzen in Schach zu halten. Die Soldaten wollten bezahlt und ernährt werden, die wirtschaftliche Kraft war jedoch durch die ständigen inneren Revolten stark geschwächt. So lebte Assyrien lange von seiner ständigen Ausdehnung und den Ressourcen, die auf diese Weise ins Land flossen. Doch Besatzung und Verwaltung der eroberten Gebiete kosteten Ressourcen. Es blieb wenig für das eigentliche Reich, zumal die eroberten Landstriche bei weitem nicht so fruchtbar waren wie das Kernland Mesopotamien. Man drehte an der Steuerschraube und das tut auf lange Sicht keinem Land gut. Die Wirtschaftskraft reduzierte sich weiter. Hinzu kam, dass der Aufstieg Assyriens in einer klimatisch sehr günstigen Phase erfolgte. In den Jahren 850 bis 740 v. Chr. herrschte in der Region eine der feuchtesten Phasen der letzten 4.000 Jahre. Die landwirtschaftliche Produktivität war demzufolge sehr hoch und begünstigte die Expansion. Danach kam es dann zu einer für Assyrien eher ungünstigen trockeneren Periode mit vielen Dürren, die zur Folge hatten, dass das riesige Reich insbesondere sein Heer nicht mehr hinreichend ernähren konnte.

 

18 Jahre nach dem Tod Assurbanipals kam das Ende des Assyrischen Reiches, das über Jahrhunderte hin die Geschichte der Region und der umliegenden Ortschaften bestimmt und beeinflusst hatte. Als Nachfolger etablierte sich spätestens 609 ein gewisser Herr Nabopolassar (König in Babylon von 626 bis 605 v. Chr.), Chaldäer seines Zeichens. Der Rechtsform nach gab es zwar noch das assyrische Reich, das in den nächsten Jahren auch noch aktiv gegen Babylon vorging. Ab 616 war Babylon jedoch obenauf. Hinzu kam, dass es die Meder endlich geschafft hatten, sich zu einem einheitlichen Staatswesen zusammenzufinden. Ihr König Kyaxares II. (reg. etwa 653 bis 585 v. Chr.) eroberte 614 v. Chr. Assur und 612 v. Chr. zusammen mit den Babyloniern die assyrische Hauptstadt Ninive. Trotz der Unterstützung Ägyptens, vor wenigen Jahren noch auf der gegnerischen Seite, konnte sich Assyrien nicht mehr aufrappeln. 609 v. Chr. unterlag das letzte assyrische Heer endgültig den Babyloniern unter Nabopolassar. Und weil wir ordentliche Menschen sind, wollen wir auch noch den Namen des letzten assyrischen Königs nicht verschweigen: Assur-uballit II. (geb. etwa 645, reg. 612 bis 609 v. Chr.) Was jedoch aus ihm wurde, wissen wir nicht. Und wenn er nicht gestorben ist, …

 

Das neubabylonische Reich

Der neue starke Mann in Mesopotamien, Nabopolassar, setzte den Endpunkt des assyrischen Reiches, gleichzeitig jedoch auch den Beginn der Linie der chaldäischen Herrscher in Mesopotamien. Die Chaldäer waren von der Küste des Persischen Golfes nach Babylonien eingewandert und hatten sich weitgehend an die dort lebenden Aramäer assimiliert, so dass wir zu der Zeit, in der wir hier unterwegs sind, nicht von einer eigenständigen chaldäischen Kultur sprechen können. Die Bezeichnung dieser Phase als »chaldäisches Reich«, die man mitunter findet, ist also wahrscheinlich ein wenig zu pointiert gewählt, auch wenn die Autoren sich auf die Bibel berufen können.

 

De facto wurde Assyrien geteilt. Die Meder vereinnahmten das assyrische Kernland im Norden Mesopotamiens, Babylon fiel naturgemäß die Südhälfte zu. Nabopolassar gab sich damit jedoch nicht zufrieden. Er beanspruchte auch die assyrischen Eroberungen im Westen, also Syrien und Palästina.

Damit trat der alte Konflikt mit den Ägyptern wieder zu Tage, die ein Großreich an ihrer Nordgrenze nach den Erfahrungen, die man erst kürzlich mit den Assyrern hatte machen müssen, nur ungern dulden und diese Gebiete gerne wieder eingemeinden wollten. Aber auch diesmal hatten sie trotz anfänglicher Erfolge kein Glück. Nabopolassars Sohn Nebukadnezar II. (um 640 bis 562 v. Chr., reg. 605 bis 562 v. Chr.) konnte sie 605 bei Karkemisch in Syrien schlagen und Syrien und Palästina erobern. Er beschied sich allerdings mit diesem Erfolg und fiel nicht nach Ägypten ein. Vielleicht hatte er ja aus der Geschichte seiner Vorgänger gelernt.

 

Berühmt wurde Nebukadnezar II. durch zwei Feldzüge, die er 597 und 587 v. Chr. gen Westen unternahm. Es gab Aufstände in Jerusalem, die er beide Male niederschlug, das zweite Mal so gründlich, dass von dem gesamten Staat Juda nichts übrigblieb. Jerusalem wurde zerstört, der Tempel eingeäschert und die Bevölkerung deportiert. Nach Babylon, also in die Babylonische Gefangenschaft. Kommt Dir bekannt vor? Dein Religionslehrer wäre stolz auf Dich.

 

Auch in anderen Landesteilen gab es Aufstände, aber keiner war letztlich bedrohlich für das Reich Nebukadnezars II. Babylon selbst kam nach den ganzen vielen Jahren des antiassyrischen Kampfes erst mal zur Ruhe. Durch die Deportierten, die auch aus anderen Gegenden als Israel kamen, entwickelte sich in Babylon das, was wir heute eine multikulturelle Gesellschaft nennen würden und was die Bibel im Alten Testament mit dem Begriff der »babylonischen Sprachverwirrung« belegt. Ich weiß nicht, ob schon präzise erforscht ist, warum sich Nebukadnezar so viele Arbeitskräfte ins Land holte. Nicht sehr weit her geholt ist sicher der Gedanke, dass er sie benötigte, um aus Babylon, das ja über die Jahrhunderte doch etwas vernachlässigt und einmal ja sogar ganz zerstört worden war, wieder eine richtige Hauptstadt zu machen. Das Geld kam über Tribute, die Menschen holte er sich durch seine Feldzüge. Natürlich baute er einen prachtvollen Palast, aber auch eine neun Kilometer lange Stadtmauer, das Ischtar-Tor haben wir schon erwähnt. Und den Turm zu Babel kennst Du eh.

 

Nebukadnezar sollte der einzige wirklich bedeutende Herrscher des neubabylonischen Reiches bleiben. Wenn wir dem 4. Kapitel des Buches Daniel der Bibel glauben, musste er zwischenzeitlich »sieben Zeiten« außerhalb der menschlichen Gemeinschaft bei den Tieren des Feldes leben und »Kraut fressen«. Das entsprechende Bild von William Blake kennst Du vielleicht. Da die Quellen aus dieser Zeit eher spärlich sind, können wir diese Auszeit nicht ausschließen. Wir hoffen, die Kräuter Mesopotamiens waren schmackhaft.

 

Der letzte König des neubabylonischen Reiches hieß Nabonid (etwa 620/615 bis nach 522 v. Chr., reg. 556 bis 539 v. Chr.) und putschte sich 555 v. Chr. an die Macht. Er machte drei Fehler und das war’s dann im Prinzip mit Mesopotamien. Erstens stülpte er die bestehende Ordnung in der Götterhierarchie Babylons um und wollte Marduk durch die Mondgöttin Sin ersetzen. Seine Mutter Adda-guppi (650 bis 546 v. Chr.) war Priesterin dieser Göttin, die Psychologen unter uns dürfen Nabonids Vorliebe für diese Göttin jetzt ausdeuten. Wir werden auch sehen, dass in Ägypten der Pharao Echnaton (reg. 1353 bis 1336 v. Chr.) Ähnliches ohne nachhaltigen Erfolg versucht hatte. Nabonid hätte in Geschichte einfach besser aufpassen sollen.

Dann sah er sich in Nachfolge des assyrischen Reiches, was in Babylon nicht so gut ankam. Ein bayerischer Ministerpräsident spricht auch nicht laufend von den tollen Errungenschaften Preußens. Und Nabonid zog sich drittens für zehn Jahre nach Nord-Arabien zurück, warum auch immer. Vielleicht wollte er es Nebukadnezar nachmachen. Kurz gesagt: Nabonid brachte Bevölkerung und Oberschicht gegen sich auf und verzog sich. Kein Wunder, dass Babylon sich nahezu widerstandslos den immer stärker werdenden Persern ergab. Deren König Kyros II. (um 600/580 bis 530 v. Chr., reg. etwa 559 bis 530 v. Chr.) hatte 549 v. Chr. die Meder im Norden besiegt, die ja das alte Assyrien an sich gebracht hatten, und zog am 29. Oktober 539 v. Chr. unter dem Jubel der Bevölkerung in Babylon ein und war ab sofort rechtmäßiger Herrscher.

 

Mit diesem Datum war die eigenständige Geschichte Mesopotamiens faktisch beendet. Was nun folgte, bezog das Zweistromland immer mit ein, ging jedoch nicht mehr originär von ihm aus.

 

Wir haben gesehen, dass die Geschichte Babyloniens und Assyriens sehr stark von den umliegenden Ortschaften beeinflusst wurde. Wir werden also dort mal hinschauen müssen. Das tun wir mit Ägypten im Süden, mit Kleinasien und Griechenland im Westen und mit den Persern im Osten. Mit den Makedoniern unter Alexander wird sich das dann alles wieder bündeln. Bis dahin haben wir aber noch ein gutes Stück Weg vor uns. Den wollen wir das nächste Mal in Ägypten beginnen. Dort bleiben wir dann auch eine Weile.