Das letzte Mal haben wir gelernt, dass die Alemannen im Reich der Franken aufgingen. Schauen wir uns dieses also einmal näher an. Dabei wissen wir jetzt schon, dass es jetzt nur ein erster Besuch sein wird. Die Franken waren prägend für die Geschichte Mittel- und Westeuropas im frühen Mittelalter, sie werden uns also sicherlich noch einmal über den Weg laufen.
Es waren nicht die Trojaner
Von jeher überhöhen die Menschen ihre eigene Bedeutung. Die Franken machten (und machen) da keine Ausnahme. Schon die Römer hatten sich mit ihrem legendären Stammvater Aenas auf die Trojaner berufen. Die Franken taten es ihnen gleich. Wir verzichten mal darauf, psychoanalytisch nachzuvollziehen, was die Trojaner, die immerhin Verlierer im Kampf gegen die Griechen gewesen waren, so attraktiv machte. Auf jeden Fall seien sie, nachdem ihre Stadt niedergebrannt worden war, gen Westen gezogen. Dort wurden sie dann Ahnherren für unterschiedliche Völker, nicht nur für die Römer und für die Makedonen Alexander des Großen. Über den legendären König Torcoth bezogen sich auch die Türken und durch den ebenso legendären König Francio die Franken am Rhein auf trojanische Ursprünge. Nun ja.
Ein wenig glaubwürdiger, aber leider nicht so schön zu erzählen ist die typische Ethnogenese der Völker in diesen Jahrhunderten. Das Volk der Franken hat sich sukzessive aus der immer engeren Verbindung unterschiedlicher Stämme herausgebildet. Dazu gehörten ganz wesentlich die Salfranken oder Salier, die am Niederrhein bis hin zum Ijsselmeer siedelten. Weiterhin die Chauken von der Nordseeküste, die Sugambrer aus dem Raum Xanten und Krefeld, die Brukterer von der Ems und der Lippe, später in Köln und Trier ansässig oder auch die Tenkterer und Usipeter von der Sieg und der Lahn. Wir haben in dieser Aufzählung einige vergessen, merken uns aber als wichtigen Unterschied den der Salier im Norden und der Rheinfranken im Süden.
Wir sehen auch hier wieder, dass wir es nicht mit einem homogenen Volksstamm zu tun haben, sondern mit einer Vielzahl einzelner Gruppen und Stämme, die sich zusammengeschlossen hatten, auch um erfolgreicher gegen das Römische Reich agieren zu können.
Im 3. Jahrhundert wuchsen angesichts der römischen Reichskrise die Chancen der germanischen Völker. Die fränkischen Stämme nutzten diese gerne und waren dabei keine Kinder von Traurigkeit. Ihr Name verbreitete Angst und Schrecken. Das Blutbad im römischen Kastell Gelduba, heute Krefeld-Gellep, aus dem Jahr 259 ist nur ein Beispiel unter vielen. So ist es nicht verwunderlich, dass die Franken auch einigen Zulauf von römischen Siedlern hatten, die sich lieber verbrüderten als zu fliehen. Ebenso kamen romanisierte Kelten und Germanen anderer Stämme hinzu, die bisher ihr friedliches Auskommen mit Rom hatten und sich nun auf die neuen Verhältnisse einstellen mussten. Es gelang den Franken also, sich bereits in einer sehr frühen Phase auch auf römischem Reichsgebiet, vorwiegend in Nordgallien, niederzulassen, wo, wie wir wissen, der Arm des Kaisers kaum mehr hinreichte.
Partner der Römer
Seit Mitte des 3. Jahrhunderts gab es immer wieder Raubzüge der fränkischen Stämme, die zu dieser Zeit von Rom allerdings in aller Regel erfolgreich zurückgeschlagen werden konnten. So mag es verwundern, dass sich am Ende doch eine eher gedeihliche Zusammenarbeit zwischen der römischen Verwaltung und den fränkischen Siedlern herausbildete. Grundlage waren auch frühe Vereinbarungen, die es fränkischen Stämmen gestatteten, sich im römischen Reichsgebiet anzusiedeln. So durften die Salier beispielsweise ab 358 in Toxandrien, dem Gebiet zwischen Maas und Schelde, siedeln. Als Gegenleistung hatten sie für die Sicherung der Grenze zu sorgen. Darauf konnten sich die Römer auch eine Zeitlang verlassen. Spätestens mit dem Kontrollverlust nach dem Tod von Aëtius 454 und Ricimer 461, verbunden mit der Etablierung der eigenständigen Herrschaft des Aegidius und seines Sohnes Syagrius in Nordgallien, begannen die Franken aber auch zu schauen, was denn für sie so möglich wäre. Die Rheinfranken drangen nach Süden vor, Köln wurde der Mittelpunkt ihres Herrschaftsgebietes.
Reichsgründung
Wichtiger für die fränkische Reichsbildung waren allerdings die Salier, die sich nach Süden bis zur Somme ausbreiten konnten. Der erste historisch bekannte Frankenherrscher war Childerich I., der bis 481 oder 482 regierte. Sein Vater soll Merowech (um 450) gewesen sein, nach welchem die fränkische Dynastie, die auf Childerich folgte, als Merowinger bezeichnet wird. Wir haben Childerich schon kurz bei Orléans an der Seite von Aegidius gegen die Westgoten kämpfen sehen. Als Foederat zeigte er sich auch gegen die Alemannen und gegen die Sachsen, die von der See her an der Loiremündung für Unruhe sorgten, als starker Partner der Römer. Childerich herrschte von Tournai aus, heute im südlichen Belgien, nahe der französischen Grenze liegend. Mit seiner Unterstützung gelang es den Römern, vor allem Syagrius, sich die Westgoten in Südfrankreich vom Leib zu halten, für die es an der Loire kein Weiterkommen nach Norden gab. Für den direkten Konflikt mit dem großen westgotischen Reich fühlte sich Childerich jedoch zurecht zu schwach.
Nach dem Tod des westgotischen Königs Eurich II. im Jahr 484 wurde Childerichs Sohn Chlodwig I. dann mutiger. Es ging noch nicht gegen die Westgoten, aber Syagrius wurde 486/487 bei Soissons geschlagen und getötet. Selbiger war zu den Westgoten geflohen, aber Alarich II., der neue König der Westgoten, hatte ihn postwendend an Chlodwig ausgeliefert, was dem Römer dann nicht so gut bekam. Die Übergabe von Syagrius ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass sich die Machtverhältnisse immer mehr zugunsten der Franken verschoben.
Dies beobachtete auch Theoderich, der König der Ostgoten und einer der wichtigen Player der nächsten Jahre. Kaum hatte dieser 493 Italien erobert, schloss er schon ein Bündnis mit Chlodwig und heiratete dessen Schwester Audofleda (um 470 bis nach 526). Er wollte an dieser Stelle Ruhe. Chlodwig war das im Zweifel egal. Er profitierte erst einmal von seinem Sieg über Syagrius, der ihm reichliche römische Besitztümer und nicht zuletzt Steuereinnahmen bescherte.
Als Nächstes musste er sich um die Alemannen kümmern. Diese hatten ihr Einflussgebiet nicht nur nach Osten und Norden ausgeweitet, sondern suchten ihr Glück auch im Westen. Im Südwesten scheiterten sie nach anfänglichen Erfolgen an den Burgundern, im Nordwesten stießen sie auf die Franken. Da die Rheinfranken unter ihrem König Sigibert (um 500) die Lage nicht in den Griff bekamen, nahm Chlodwig die Dinge in die Hand und machte 497 und erneut 506 mit seinen Siegen alles klar. Die Alemannen waren aus dem Spiel. Etwa in diesem Zeitraum wurden auch die Thüringer besiegt, wenn auch nicht ganz ausgeschaltet.
Chlodwig wird katholisch
Wir widmen in unserer Erzählung der Religion in weiser Selbstbeschränkung insgesamt wenig Aufmerksamkeit, auch wenn wir wissen, dass sie in vielen Epochen für die Herrschenden eine hohe handlungsleitende Bedeutung hatte. So haben wir die Entwicklung des Christentums auch nur dann in den Blick genommen, wenn es unvermeidbar war. Aufgefallen ist uns zuletzt die starke Bindung der Vandalen an ihr homöisches Bekenntnis, das eines der prägenden Elemente war, den Zusammenhalt untereinander zu stärken.
Eine eminente politische Bedeutung hatte der Übertritt Chlodwigs zum Katholizismus, wahrscheinlich irgendwann um 498. Damit setzte er sich in einen klaren Gegensatz zu den anderen Germanenherrschern, insbesondere natürlich den beiden arianisch geprägten gotischen Reichen. Wir treten Chlodwig nicht zu nahe, wenn wir unterstellen, dass er bei seiner Entscheidung nicht primär von religiösen Einsichten bewegt war, sondern eher machtpolitisch dachte. Er nahm das Glaubensbekenntnis der Römer an, von denen in seinem Herrschaftsgebiet noch viele lebten. Ein Schritt auf diese zu konnte nicht schaden. Feinde gab es im Umfeld noch genug. Mit seiner katholischen Taufe stellte er sich klar auf eine Gegenposition zu seinem arianischen Schwager, dem starken ostgotischen Herrscher Theoderich. Er konnte auf die Unterstützung der überwiegend katholischen Bevölkerung hoffen und er war neben dem Kaiser in Konstantinopel der zweite katholische Herrscher. Ob er dabei schon im Kopf hatte, eine Grundlage für ein umfassendes, starkes Reich im Westen zu schaffen, wissen wir nicht. Es wäre auf jeden Fall sehr weit gedacht gewesen. Aber mitunter gibt es ja Visionäre.
Händel mit Burgund
Zunächst musste Chlodwig sich jedoch um die naheliegenden Aufgaben kümmern. Am nächsten lag Burgund. Dort stritten sich gerade der König Gundobad mit seinem Bruder Godegisel (433 bis 501), der ein Onkel von Chlodwigs Frau Clotilde (etwa 474 bis 545) war und über ein verhältnismäßig kleines Gebiet rund um Genf herrschte. Chlodwig ließ sich seine Unterstützung mit Gold und Land bezahlen, tat aber auch etwas für sein Geld. Im Jahr 500 besiegte er zusammen mit seinem Schwippneffen dessen Bruder. Gundobad konnte allerdings zu den Westgoten fliehen, ohne wie der unglückliche Sygrius gleich wieder ausgeliefert zu werden. Mit westgotischer Hilfe eroberte Gundobad die verlorenen Gebiete 501 zurück, wobei der arme Godegisel sein Leben verlor.
Gundobad war ein pragmatischer Charakter, wie wir schon bei seinem Verzicht auf den Heermeisterposten bemerken konnten. Hatte er sich eben noch der Westgoten bedient, bandelte er nun mit den Franken an. Die Versuche Theoderichs, sich hier als Vermittler einzubringen und damit als Gesamtherrscher des Westens zu profilieren, scheiterten. Seine hilfreichen Botschaften, sich doch in Gallien bitte untereinander zu vertragen, verfingen nicht. Ebenso wenig seine Drohung, sich im Kriegsfall auf die Seite der Westgoten zu stellen.
Sieg über die Westgoten
Chlodwig sah seine Chance und griff 507 die Westgoten an. Gundobad stand an seiner Seite und hoffte, sich aus dem westgotischen Kuchen für Burgund ein gutes Stück herausschneiden zu können. Die katholische Allianz funktionierte, der oströmische Kaiser schickte einen Flottenverband nach Italien. Theoderich musste sich also erst einmal um diesen kümmern. Die Unterstützung für die Westgoten fiel damit aus. So konnte Chlodwig 507 in der Schlacht von Vouillé die Westgoten besiegen. Wir erinnern uns, dass wir dort Alarich II. haben sterben sehen.
Dass in Folge nicht ganz Gallien an die Franken fiel, hatte man dann aber doch Theoderich zu verdanken. Dieser zeigte ab 508 auch militärische Präsenz und konnte den Westgoten Septimanien und seinen Ostgoten die Provence sichern – zum Missfallen der Burgunder, die diese gerne bei sich gesehen hätten. So war zumindest die Mittelmeerküste in gotischer Hand geblieben.
Geschenke aus Konstantinopel
Chlodwig war es damit trotzdem erst einmal zufrieden. Er freute sich über eine Gesandtschaft des oströmischen Kaisers, der ihm einen hohen Titel verlieh, vermutlich wurde er Konsul. Auf jeden Fall nutzte er diese Gelegenheit 508 mit dem »Tag von Tours« zu einer Inszenierung der eigenen Macht. Er schmückte sich mit dem aus Konstantinopel übersandten Ornat mit Diadem und Purpurmantel, betete am Grab des heiligen Martin von Tours (um 316/317 bis 397) und ließ Gold und Silber verteilen. Die Insignien des Kaisers waren ihm insofern wichtig, als er so gegenüber seinen römischstämmigen Untertanen seine Legitimation untermauern konnte. Irgendwelche Ambitionen, als Westkaiser in einer Neuauflage des Römischen Reiches zu agieren, hatte er allerdings nicht. Gleichwohl war aber sein Handeln – so wie das in einer ganz anderen Situation auch das von Geiserich – natürlich geprägt durch die jahrhundertelange römische Geschichte und die mit ihr verbundene Reichsidee. Auch nutzte er die erprobte Verwaltungsstruktur der Römer. Auf fränkisch geprägten Münzen finden wir bis 540, also lange nach Chlodwigs Tod, noch das Abbild des Kaisers aus Konstantinopel.
Chlodwig konzentrierte sich nach dem Erfolg über die Westgoten auf die Konsolidierung seines Machtbereiches. Die noch verbliebenen Kleinkönige der Salfranken und auch die in Köln herrschenden Rheinfranken konnte er in sein direktes Herrschaftssystem eingemeinden.
Chlodwigs Erbe
Chlodwig starb am 27. November 511, der absehbare Show-down mit Theoderich fand also nicht statt. Das von ihm gestaltete Reich wurde auf seine vier Söhne aufgeteilt. Diese scheuten die Auseinandersetzung mit dem Ostgoten-König, so dass Theoderich von den Franken de facto keiner aktuellen Gefahr mehr ausgesetzt war.
Wie genau die Reichsteilung vonstatten ging, wissen wir nicht. Die Aufteilung eines Erbes ist ja nicht immer einfach. Theuderich I. (etwa 487 bis 534, reg. 511 bis 534), Chlodomer (etwa 495 bis 524, reg. 511 bis 524), Childebert I. und Chlothar I. (gest. 561, reg. 511 bis 561) schafften es aber auf jeden Fall, sich nicht zu zerstreiten und nach außen als Einheit aufzutreten.
Gegen Burgund
Nach Theoderichs Tod im Jahr 526 wurde man mutiger und gemeinsam ging es gegen Burgund. Chlodomer überfiel mit Childebert und Chlothar im Jahr 532 das Nachbarreich. Der burgundische König Sigismund (um 475 bis 524, reg. 516 bis 524) wurde gefangen genommen.
Sein Bruder Godomar II. (reg. 524 bis 534) konnte allerdings fliehen und verbündete sich mit den Ostgoten Theoderichs. Dies war insofern überraschend, als dieser kurz zuvor noch die burgundischen Länder zwischen Durance und Drôme annektiert hatte. Auslöser hierfür war, dass Sigismund seinen Sohn Sigerich (494/495 bis 523) hatte erdrosseln lassen, da dieser lautstark gegen die zweite Ehe seines Vaters mit einer Dienerin protestiert hatte. Blöd dabei war dann, dass Sigerich auch Theoderichs Enkel gewesen war, da Sigismund in erster Ehe mit Theoderichs Tochter Ariadne "Ostrogotho" (um 480 bis vor 516) verheiratet war. Es war ein buntes Leben (und Sterben).
Wir müssen aber aufpassen, dass wir nicht abschweifen, wir sind ja bei den Franken. Diese hatten also die burgundisch-ostgotischen Streitigkeiten für einen eigenen Vorstoß genutzt. Gegen das Bündnis von Godomar und Theoderich hatten sie dann allerdings wenig entgegenzusetzen. Sie unterlagen am 25. Juni 524 in der Schlacht bei Vézeronce, 50 Kilometer südlich von Lyon.
Chlodomers Erbe wird verteilt
In dieser Schlacht fiel Chlodomer. Das Geschacher um seinen Erbteil sah Chlothar als Sieger. Theuderich erhielt Troyes, Sens und Auxerre, Childebert Orléans, Chartres, Angers, Nantes und Bourges. Chlothar bekam Tours, Poitiers und nicht zuletzt den Königsschatz. Zudem heiratete er zur Absicherung seiner Ansprüche Chlodomers Witwe Guntheuca (495 bis um 532). Chlodomers Söhne Theodebald (etwa 521 bis 531), Gunthar (etwa 523 bis 531) und Chlodoald (etwa 522 bis 560) landeten zunächst bei ihrer Großmutter Chrodechild (um 474 bis 544), bevor auch hier Chlothar zugriff. Die beiden älteren, zehn und sieben Jahre alt, ermordete er eigenhändig, Chlodoald durfte zumindest Mönch werden und konnte sich sogar noch zum Schutzheiligen für Karbunkel hocharbeiten. Kleine Erfolge in schweren Zeiten.
Das Reich wächst
Auch wenn der Eroberungszug nach dem Tod Chlodomers kurzzeitig unterbrochen wurde, um die Erbangelegenheiten zu regeln, war spätestens 534 Burgund vollkommen in das Frankenreich integriert. Da die Ostgoten genug mit Ostrom zu tun hatten, fiel es den drei überlebenden Brüdern nicht schwer, das Frankenreich weiter zu vergrößern. Witigis, einer der Nachfolger Theoderichs, der den Franken ja auch die Herrschaft über die Alemannen überlassen hatte, gab ihnen 536/537 nun auch die Provence. Parallel dazu wurden auch südgallische Gebiete der Westgoten erobert.
In der Regel waren die drei Brüder gemeinsam unterwegs, da sie bei der Reichsteilung darauf geachtet hatten, dass jeder einen Teil des reichen Landstrichs erhielt, den vorher Syagrius beherrscht hatte. Ebenso bekam jeder einen Teil des seinerzeit von den Westgoten eroberten Aquitaniens. Chlothar hatte die Gegend um Syagrius‘ alte Residenzstadt Soissons bekommen, Childebert die neue Hauptstadt Paris und Theuderich den Osten und die Champagne mit Reims. Chlodomers Erbe mit Orléans als Zentrum war ja mittlerweile aufgeteilt.
Eroberungen im Osten
Es war eher ein Nebenkriegsschauplatz, als Theuderich sein Augenmerk auf die östlich siedelnden Thüringer richtete. Hier begegnet uns ebenfalls wieder Theoderich, der mit dem thüringischen König Herminafried (vor 485 bis vor 534, reg. 510 bis 531/534) ein Abkommen geschlossen hatte, sicher, um die aufstrebenden Franken ein wenig einzuhegen. Auch hier trauten sich die Franken erst nach seinem Tod auf die Bühne. Theuderichs Vorstöße waren zu Beginn nicht wirklich erfolgreich, mit der Hilfe Chlothars und wahrscheinlich auch der Sachsen gelang es dann 531 in der Schlacht an der Unstrut, die Thüringer endgültig zu besiegen. Ihr Reich wurde so wie das der Burgunder in das Frankenreich integriert.
Radegunde
Im Norden siedelten vom Frankenreich abhängige Sachsen, südlich der Unstrut wurden die Thüringer unter einen fränkischen Herzog gestellt und mussten bis zum Jahr 1002 einen Schweinezins an den fränkischen Hof abführen. Die thüringische Königsfamilie wurde durch Mord und Vertreibung nahezu ausgelöscht. Eine Nichte Herminafrieds, Radegunde (um 520 bis 587), zwang Chlothar 540 zur Ehe. Er war wohl generell kein wirklich angenehmer Zeitgenosse, zwei der drei Söhne seines Bruders Chlodomer hatte er ja bereits eigenhändig umgebracht. Radegunde wurde seine fünfte Frau – auch wenn sie sich sträubte und zunächst fliehen konnte. Es nutzte nichts. Als um 550 ein Bruder Radegundes getötet wurde, vermutlich als Vergeltung für einen sächsisch-thüringischen Aufstand, trennte sich Radegunde von Chlothar. Ein mutiger Schritt, der dieses Mal Erfolg hatte. Chlothar ließ sie, nach der Fürbitte eines Bischofs, nicht weiter verfolgen und bat sogar um Verzeihung. Radegunde gründete mit seiner Unterstützung in Poitiers das erste Frauenkloster Europas, die Abtei Sainte-Croix. Wenn Du nach Poitiers kommst, denke mal an sie.
Über die Alpen
Mit den Eroberungen des Burgunder- und des Thüringerreiches wurde für alle sichtbar, dass nach dem Tod von Theoderich der Stern der Ostgoten sank und der der Franken stieg. Theuderichs Sohn Theudebert plante sogar einen Angriff auf das Oströmische Reich. Er konnte Bayern bis an die Grenze Pannoniens besetzen und zeigte sich ab 539 hie und da auch in Italien, wobei er mal mit den Ostgoten und mal mit den Byzantinern focht. 545 wurde Venetien besetzt und geplündert. Dabei half ein Bündnis mit den Langobarden. Theudebert hatte Wisigarde (gest. um 540), eine Tochter des langobardischen Königs Wacho (gest. um 540, reg. etwa 510 bis um 540) geheiratet. Die große Auseinandersetzung mit dem oströmischen Kaiser scheute man jedoch noch.
Diese Jahre, über die wir hier sehr schnell hinweggehen, waren für die gesamte Bevölkerung nicht einfach - und das nicht nur wegen der vielfältigen politisch-kriegerischen Händel. Ausgelöst durch Vulkanausbrüche kam es zu einer massiven Abkühlung der Temperaturen und – auch in Folge der Schwächung der Menschen aufgrund daraus folgender Ernteausfälle – zu einer um sich greifenden Pestepidemie. Diese machte im Zweifel das Oströmische Reich angreifbar, wird aber auch die Franken getroffen haben, was deren Lust und Möglichkeiten, Krieg zu führen, sicherlich arg gedämpft haben wird.
Ein Reich - trotz aller Konflikte
Wir dürfen die häufig gemeinsame Außenpolitik der Merowingerkönige nicht so deuten, dass diese ein Herz und eine Seele waren. Wie mit den Söhnen Chlodomers umgegangen wurde, haben wir schon erfahren. Auch Theudebert musste sich erst einmal gegen seine beiden Onkel durchsetzen. Ihm half, dass er sich mit dem kinderlosen Childerich gegen Chlothar verbünden konnte. Was den Merowingern aber gelang, war, die Idee eines gemeinsamen Herrschaftsgebietes am Leben zu erhalten.
Die Aufteilung nach Chlodwigs Tod auf seine vier Söhne war 558 wieder Geschichte. Chlothar hatte seine Brüder und auch Theuderichs Sohn und Enkel, Theudebert und dessen Sohn Theudebald (um 537 bis 555, reg. 548 bis 555), überlebt. Das Reich hatte wieder nur einen König.
Wir machen es jetzt schnell und versuchen, viele Namen auf wenig Zeilen unterzubringen:
Nach Chlothars Tod im Jahr 561 gab es die nächste Reichsteilung unter seinen wiederum vier Söhnen. Aus den vier Reichsteilen mit den Hauptorten Paris (Charibert I. (um 520 bis 567, reg. 561 bis 567)), Metz (Sigibert I.), Soissons (Chilperich I. (um 535 bis 584, reg. 561 bis 584)) und Orléans (Guntram I. (um 532 bis 592, reg. 561 bis 592)) bildeten sich dann 567 nach dem Tod des keinen Sohn hinterlassenden Charibert drei Teilreiche. Sigibert herrschte bis 575 im Osten (ab etwa dieser Zeit Austrasien genannt), Chilperich bis 584 im Westen (Neustrien) und Guntram bis 592 in Burgund. 613 war das Reich unter Chlothar II. (584 bis 629, reg. 613 bis 629) wieder vereint, um 639 wieder für gut 50 Jahre unter den Söhnen Dagoberts I. (um 609 bis 639, reg. 629 bis 639) geteilt zu werden. Dies war dann auch die Phase, in der die Karolinger die Merowinger zur Seite drückten und schließlich als Herrscherdynastie ablösten.
Bis dahin dauerte es noch etwas, wir werden aber natürlich darauf noch intensiv zu sprechen kommen. Aber alles zu seiner Zeit. Erst einmal müssen wir uns aber auf die wesentlichen naheliegenden Dinge konzentrieren. Bei den vielen Menschen mit »Ch« und »Th« geht sonst der Überblick doch schnell verloren.
Im Norden konnten sich die Sachsen behaupten, auch weil der Blick der Franken grundsätzlich eher nach Süden ging. Dorthin zog es auch die Menschen, die nördlichen Regionen dünnten etwas aus. 557 sah man die Sachsen sogar in Deutz. Das nächste Mal beschäftigen wir uns mit ihnen und werfen auch noch einmal einen Blick auf Burgunder und Thüringer.