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(145) Viele Kaiser, viele Ehen und zwei Jagdunfälle

Basileos mordet sich an die Macht

Wir wollen nun eigentlich sehen, wie es mit Michael III. weiterging, nachdem er die bisherige Regentin, seine Mutter Theodora, ins Kloster geschickte hatte. Viel Zeit müssen wir uns dafür nicht nehmen. Es endete schnell und böse.

 

In der Nacht vom 23. auf den 24. September 867 drang ein gewisser Basileios (811 bis 886, reg. 867 bis 886) mit einigen Gefährten in den Palast ein. Sie ermordeten Michael und der Mörder setzte sich selbst auf den Thron. Für Basileios war das nicht sonderlich aufregend. Bereits im Jahr zuvor hatte er Michaels Onkel Bardas, seines Zeichens caesar und Regent, getötet – im Gegensatz zum zweiten Mord noch im Auftrag von Michael, der ja selbst regieren wollte. 

 

Basileios hatte der Überlieferung nach seine Jugend in bulgarischer Gefangenschaft verbracht. Er floh und kam als Stallknecht in den Dienst eines Verwandten von Michaels Onkel Bardas. Da er wohl sehr gut ringen konnte, wurde er schließlich Leibwächter des Kaisers. So geht Karriere. Seine Eltern waren armenisch-griechischer Abstammung, hatten sich dann in Makedonien niedergelassen, was zum einen in die vermutete bulgarische Gefangenschaft führte, zum anderen der von Basileios begründeten Dynastie ihren Namen gab. Er hatte auf dem Weg seiner Karriereleiter um 850 die reiche Witwe Danielis (um 820 bis 890) kennengelernt, die ihn zum »spirituellen Bruder« ihres Sohnes Johannes (um 850) machte und sicherlich auch für eine gewisse materielle Unabhängigkeit ihres Stiefsohnes sorgte. Das hilft häufig.

 

Unklare Vaterschaft

Für seine Karriere muss man auch Opfer bringen. Basileios ließ sich von seiner Frau Maria (um 860) scheiden und heiratete Eudokia Ingerina (etwa 840 bis etwa 882). Das Praktische an dieser Verbindung war, dass Eudokia eine Mätresse Michaels war. Die Verbindung brachte allen Vorteile.

 

Eudokia bekam in dieser Ehe einen Sohn. Mater semper certa est, weiss das lateinische Rechtssprichwort, dass dann fortfährt: Pater semper incertus est. Die Mutterschaft ist immer sicher, die Vaterschaft ist immer ungewiss. Wir haben die Römer als Pragmatiker kennengelernt, und so haben sie auch für diese Fälle die Lösung: Pater est, quem nuptiae demonstrant. Der Vater ist also immer der, der durch die Heirat als solcher erwiesen ist. Auch wenn in diesem Fall viel für Michael III. als Erzeuger spricht, war Basileos vor dem Gesetz der Vater. Punktum. Basileios hatte keine weiteren Fragen und akzeptierte Leo als Sohn. Wir fragen dann auch nicht weiter. Das Kind wird uns als Leo VI. (866 bis 912, reg. 886 bis 912) noch begegnen.

 

Religionspolitik

Basileios wusste also, was er wollte und so zielstrebig regierte er auch. Es gelang ihm, einige Stress-Themen abzuräumen, ohne dass er dabei bestehende Machtpositionen aufgeben musste. Den romkritischen Patriarchen Photios I. setzte er noch 867 ab und seinen vom Papst anerkannten Vorgänger Ignatios wieder ein. Winde drehen sich. So entschied sich im Jahr 870 der bulgarische Herrscher Boris I., die grundsätzlich weiterhin eigenständige bulgarische Kirche unter die Oberhoheit des Patriarchen in Konstantinopel zu geben. 877 kam – nach dem Tod von Ignatios – Photios auch wieder auf den Patriarchenstuhl. Dies verstärkte den Bruch mit Rom, der dann letztlich 1054 zum endgültigen sogenannten "Morgenländische Schisma", der Trennung zwischen der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirche, führen sollte. Des Weiteren konnte er 872 die Sekte der Paulikianer ausschalten, obwohl diese mit al-Mutamid (842/844 bis 892, reg. 870 bis 892), dem abbasidischen Kalifen von Bagdad, ein Bündnis eingegangen waren. Sie waren uns bereits bei Michael II. kurz begegnet.

 

Mehr Erfolge als Verluste

Im Jahr 885 schloss Basileios mit dem armenischen Herrscherhaus der Bagratiden Frieden. Mit den Arabern gelang dies nicht. Hier gab es Erfolge und Verluste. Zypern konnte zurückgewonnen, musste nach sieben Jahren jedoch wieder aufgegeben werden. Syrakus ging verloren, Bari und Unteritalien wurden dagegen wieder erobert, was auch zur Folge hatte, dass das östliche Mittelmeer einschließlich der Adria wieder von Byzanz dominiert wurde.

 

Pech auf der Jagd

Basileios‘ Aufstieg war besonders, seine Herrschaft durchaus erfolgreich, sein Tod in zweierlei Hinsicht unglücklich. In erster Linie natürlich für ihn selber. Er starb in Folge eines Jagdunfalls, bei dem sich sein Gürtel im Geweih eines Hirsches verfangen hatte, so dass er vom Pferd gezogen wurde. Eigentlich hatte er dann Glück. Ein Diener befreite ihn mit Hilfe eines Messers aus der misslichen Situation. Basileios war ein misstrauischer Mensch – vielleicht muss man das als Kaiser auch sein – und nahm an, dass dieser Diener es auf sein Leben abgesehen habe. Er befahl seine Ermordung, was ihm aber auch nicht wirklich weiterhalf, denn kurz darauf verstarb er selbst. Kleine Sünden bestraft der Herr sofort. Größere manchmal auch. Das Byzantinische Reich hatte einen fähigen Herrscher verloren.

 

Leo VI., der Weise

Wir haben bisher meist darauf verzichtet, die Beinamen aufzuführen, die die Zeitgenossen oder die Nachwelt den einzelnen Kaisern zugeordnet haben. Basileios I. war – wenig einfallsreich – »der Makedonier«, Michael III. »der Säufer« und Justinian II. nannte man bekanntlich  Rhinotmetos, »der mit der abgeschnittenen Nase«. Leo VI., auf jeden Fall Sohn  eines Kaisers, je nach Sichtweise von Basileios oder von Michael III., nannte man »den Weisen«. Schauen wir mal, warum.

 

Wir haben auf die Zweifel an der Vaterschaft bereits hingewiesen. Das Verhältnis von Basileios und Leo war immer angespannt, insbesondere nach dem Tod der Mutter. In der Thronfolge stand sein älterer Halbbruder Konstantinos (um 860 bis 879) aus der ersten Ehe von Basileios vor ihm. Als dieser jedoch früh starb – an einem Fieber, untypischerweise also kein Mord –, war Leo ganz oben auf der Liste. Sein Verhältnis zum Kaiser blieb gleichwohl schlecht. So beteiligte er sich 883 an einem letztlich erfolglosen Putsch gegen seinen Vater. Seine Blendung verhinderte der Patriarch Photios, dem er dennoch nach seinem Regierungsantritt das Amt entzog, um es mit seinem Bruder zu besetzen. Leo war hochgebildet, daher der Beiname, und auch darin in einem deutlichen Gegensatz zu Basileios stehend.

 

Er ließ die bereits von Leo III. modernisierte Gesetzessammlung überarbeiten und verfasste zudem ein Werk mit dem Titel »Summarische Auseinandersetzung der Kriegskunst«, in dem er insbesondere auch die Thematik der militärischen Logistik untersuchte. Trotz dieser intensiven Vorarbeit hatte er auf dem Schlachtfeld weniger Glück. "In theory there is no difference between theory and practice, while in practice there is" stellte schon 1882 Benjamin Brewster (1860 bis 1941) im Yale Literary Magazine ganz richtig fest. Den Wahrheitsgehalt dieses alten Sinnspruchs erlebte nun Leo VI., insofern war es mit der Weisheit vielleicht doch nicht so weit her. Vielleicht hat ihm auch ein etwas zynisch veranlagter Zeitgenosse diesen Beinamen gegeben.

 

Mal wieder Konflikte mit Bulgarien …

Da er die bereits seit 716 geltenden Bedingungen für bulgarische Händler deutlich verschärfte, kam es zu offenen Konflikten. Der neue bulgarische Herrscher Simeon I. wollte Stärke und Eigenständigkeit seines Reiches ausbauen und handelte. 894 schlug er die Byzantiner mit einem Überraschungsangriff. Zwei Jahr später musste Leo VI. die nächste Niederlage einstecken, obwohl er ein Bündnis mit den nördlich der Bulgaren siedelnden Magyaren geschlossen hatte. Nach der Niederlage zogen diese ins westlich gelegene Pannonien, wo wir sie ja noch heute verorten. Leo musste Frieden schließen, den bulgarischen Händlern ihre Rechte und Freiheiten zurückgeben, künftig einen jährlichen Tribut an Simeon entrichten und ihm auch noch einen Landstrich an der Schwarzmeerküste überlassen. Hätte besser laufen können.

 

… und den Arabern

Auch in der Auseinandersetzung mit den Arabern lief nicht alles nach Plan. 902 ging Taormina auf Sizilien verloren, der Versuch Kreta zu erobern, scheiterte 911. Immerhin konnte in Armenien etwas Boden gut gemacht werden.

 

Einen ersten Kontakt gab es zur Kiewer Rus. 907 (oder 911) wurde mit Oleg (gest. 912, reg. 881 bis 912) ein Handelsvertrag geschlossen. Ob es vorher den Versuch eines Angriffs auf Konstantinopel gegeben hat, ist unsicher.

 

Viele Hochzeiten

Erzählen müssen wir noch die Problematik der Eheschließungen des Kaisers. Seine erste Frau Theophano Martinakia (866/867 bis 897) starb 897. Dann heiratete er mit Zoe Zaoutzaina (gest. 899) die Tochter eines einflussreichen Politikers. 899 starb auch diese. Mit dem Dispens des Patriarchen verheiratete er sich im Jahr 900 erneut. Auch diese Frau, Eudokia Baiana (gest. 901) mit Namen, starb im drauf folgenden Jahr bei der Geburt eines Kindes. Immer noch ohne männlichen Nachfolger sah er sich nach einer weiteren Braut um und fand diese in Zoe (gest. nach 919) , die den schönen Beinamen Karbonopsina, also »die mit den kohlschwarzen Augen«, trug und angesichts des Schicksals ihrer Vorgängerinnen wohl nicht abergläubisch war. Allerdings wurde seitens der Kirche eine erneute Eheschließung Leos verwehrt. Als Kaiser findet man jedoch relativ problemlos einen Priester, der die Regelauslegung kreativ gestaltet. An dieser Stelle hieß dieser Gottesmann Thomas (um 900) und verheiratete Leo und Zoe am 9. Januar 906.

 

Bereits Ende 905 hatte Zoe – endlich – einen Sohn geboren, sogar im kaiserlichen porphyrenen Kreißsaal, den Konstantinos V. ja hatte bauen lassen. Treffenderweise erhielt das Kind auch den Namen Konstantinos Porphyrogenitos (905 bis 959, reg. 913 bis 959). Diese Geschichte ist insofern wichtig, als sich aus der Nichtanerkennung der Ehe seitens des Patriarchen naturgemäß Folgen für die Legitimation des Sohnes als Thronfolger ergeben mussten. Da half dann auch die 907 erfolgte Absetzung des Patriarchen nicht. Der hieß Nikolaos I. Mystikos (852 bis 925, amt. 901 bis 907 und 912 bis 925), war seit 901 im Amt und vorher Leos Privatsekretär gewesen. Wahre Loyalität war das dann auch nicht. Wir wollen die Geschichte nicht weiter ausbreiten.

 

Leo starb im Mai 912 kurz nach dem misslungenen Eroberungsversuch Kretas. Nachfolger wurde erst einmal nicht sein Sohn, sondern Leos jüngerer Bruder Alexander (870 bis 913, reg. 912 bis 913), der gleichzeitig jedoch auch als Vormund und Regent für Konstantinos agierte. Er starb bereits 913, hatte zuvor jedoch noch schnell einen neuerlichen Krieg mit Simeon von Bulgarien vom Zaun gebrochen, da er die von seinem Bruder vereinbarten Tributzahlungen verweigerte.

 

Konstantinos VII. ist nicht alleine: Erst der Patriarch, dann die Mutter …

De jure folgte auf Alexander nun Konstantinos VII., im Jahr 913 ein siebenjähriges Kind und damit abhängig von seinem Umfeld. Wobei das »de jure« an dieser Stelle ein wenig blasser schimmerte, immerhin war er aus der Sicht vieler ein illegitimes Kind Leos. Da half es schon, dass Leo und auch Alexander ihn bereits 908 als Thronfolger ausgerufen hatten.

 

Zunächst leitete der Patriarch Nikolaos den Regentschaftsrat. Nikolaos hatte ja die Ehe zwischen Leo und Zoe abgelehnt und war dann abgesetzt worden, kurz nachdem er Konstantinos dann doch getauft hatte. Alexander hatte ihn wieder in sein Amt eingesetzt, der Mann wusste also mit den Auf und Abs des Lebens umzugehen. Er schaffte einen gewissen Ausgleich mit Simeon, krönte ihn möglicherweise sogar zum »Basileus von Bulgarien«, also gewissermaßen zu einem Kaiser vor Ort und versuchte, eine Ehe zwischen Konstantinos und einer Tochter des Bulgarenherrschers zu arrangieren.

 

Ob dies den Ausschlag für seine Absetzung gab, wissen wir nicht. Auf jeden Fall gelang es Zoe Karbonopsina bereits im Jahr 914, ihn aus dem Regentschaftsrat zu verdrängen. Er durfte allerdings weiterhin Patriarch von Konstantinopel bleiben. Für das Byzantinische Reich brachte dieser Wechsel keinen Vorteil. Zoe kündigte die Verträge mit den Bulgaren und hoffte, die ausgreifende Macht Simeons eindämmen zu können.

 

Nach einem Sieg in Armenien suchte sie den Ausgleich mit den Arabern, um Kräfte für die Auseinandersetzung mit den Bulgaren frei zu bekommen. Versuche, auch die Magyaren, Serben und Petschenegen in ein anti-bulgarisches Bündnis zu bekommen, scheiterten. Simeon bekam das spitz und konnte es verhindern. Am Ende verteidigte der Zar, den Titel hatte er sich als Analogie zum byzantinischen Kaisertitel 917 gegeben, sein Herrschaftsgebiet nicht nur, sondern dehnte es auf fast die gesamte Balkanhalbinsel aus. 918 stand er am Golf von Korinth.

 

… und schließlich ein Admiral

Es ist nicht verwunderlich, dass man in Konstantinopel unruhig wurde. Romanos Lakapenos (etwa 870 bis 948, reg. 920 bis 944), seit 917 Admiral der gesamten Flotte nahm die Sache in die Hand. Er schickte 920 Zoe in ein Kloster und setzte sich auf den Thron, formal als Mitkaiser von Konstantinos VII., in Wirklichkeit war er von 920 bis 944, also immerhin 24 Jahre lang, als Romanos I. der alleinige Herrscher. Das geschah im Zweifel im Einvernehmen mit Konstantinos, der seit 919 mit Romanos‘ Tochter Helena Lakapene (etwa 910 bis 961) verheiratet war. Romanos trug seither auch den Titel Basileopator, also »Kaiservater«.

 

Gerangel auf der Rangliste

An die Macht gekommen, suchte er – nicht überraschend – diese in der Familie zu halten. Seinen ältesten Sohn Christophoros Lakapenos (um 900 bis 931) erhob er 921 zum Mitkaiser, zwei Jahre später dann auch seine jüngeren Söhne und seinen Enkel. Konstantinos VII. fand sich plötzlich auf Platz 3 der Rangliste, noch hinter Christophoros. Romanos dachte dabei durchaus umfassend. Einen jüngeren Sohn, den 917 geborenen Theophylaktos Lakapenos (917 bis 956, amt. 933 bis 956), ließ er kastrieren. Dahinter stand der fürsorgliche Gedanke, ihn so auf die Rolle des Patriarchen vorzubereiten. Theophylaktos wird im ersten Moment nicht nur von Dankbarkeit durchströmt gewesen sein. Christophoros verstarb dann bereits 931. Da seine Brüder noch im Kindesalter waren, stieg Konstantinos dann wieder auf Platz 2 auf.

 

Simeon: Zar, aber kein Kaiser

Auch diese Episode hatte einen bulgarischen Kontext. Simeon hatte gehofft, selbst auf den Kaiserthron in Konstantinopel zu kommen. Seine bisherigen Erfolge stimmten ihn hier ganz zuversichtlich. Nach dem Scheitern der durch Nikolaos eingefädelten Ehepläne zwischen Konstantinos und einer seiner Töchter war aber spätestens durch die Krönung des machtbewussten Romanos klar, dass Simeon seine diesbezüglichen Pläne auf jeden Fall nicht auf friedlichem Wege würde erreichen können. So suchte er das Bündnis mit den Arabern, um das Byzantinische Reich dann eben militärisch niederzuringen. Doch auch er scheiterte an den theodosianischen Landmauern und musste 924 mit Romanos Verhandlungen aufnehmen. Diese verliefen dann aber erst einmal weitestgehend ergebnislos.

 

Erst nach Simeons Tod 927 schloss sein Sohn und Nachfolger Petar I. (um 895 bis 969, reg. 927 bis 969) Frieden und heiratete mit Maria-Irene Lakapenos (gest. etwa 969) eine Tochter Christophoros‘, der zu der Zeit ja noch designierter Thronfolger war. Er musste sicherlich auch erkennen, dass die vielen Kriege seines Vaters das Land ausgeblutet hatten und eine Partnerschaft mit dem Byzantinischen Reich viele Vorteile hatte. Diese Einschätzung bestätigt sich auch darin, dass sich Serbien 931 aus dem Bulgarischen Reich lösen konnte und eine eigenständige Partnerschaft mit Konstantinopel einging. Auch die Magyaren im Norden griffen vermehrt an.

 

Bedrohung aus Nordost

Nach dem zurückgeschlagenen Angriff der Bulgaren musste sich Romanos 941 auch mit einem Angriff der Waräger auseinandersetzen, also der skandinavischen Händler und Krieger, die sich zur Kiewer Rus zusammengeschlossen hatten. Dreißig Jahre zuvor hatte es ja bereits einen ersten Kontakt gegeben. Auch wenn diese das Umland Konstantinopels verwüsten konnten, wurden sie dennoch schnell zurückgeschlagen.

 

Nach dem Frieden, der mit den Bulgaren geschlossen worden war, hatte Romanos nun Zeit und Kraft, sich ein wenig um den Osten zu kümmern. Sein General Johannes Kurkas (um 940) konnte einige Gebiete erobern, so das Emirat von Melitene, dem heutigen Malatya in Ostanatolien. Einige armenische Fürsten würden zu Vasallen Konstantinopels gemacht und das Mandylion konnte 944 wieder in Besitz genommen werden. Nur sehr aufmerksame Leser werden sich an dieses nach dem Glauben der Zeit nicht von Menschenhand geschaffene Bild erinnern, dass bereits 544 die Stadt Edessa vor der Eroberung durch die Perser bewahrt haben soll. Gegen die Araber hatte es wohl weniger Wirkung gezeigt. Nun war es aber wieder in christlicher Hand und wurde nach Konstantinopel gebracht. Auch wenn wir der Religionsgeschichte nur wenig Aufmerksamkeit schenken, können wir uns doch vorstellen, welche Symbolik hinter diesem Erfolg für die damaligen Zeitgenossen steckte.

 

Für Romanos war es das. Nach dem Tod von Christophoros hatte er nicht dessen Brüder, sondern den formal ja bereits amtierenden Konstantinos als Nachfolger benannt. Seinen Söhnen, Stephanos (gest. 963, reg. 944 bis 945) und Konstantinos (gest. um 947, reg. 944 bis 945) passte das gar nicht. Ende 944 zwangen sie ihren Vater zum Thronverzicht und schickten ihn ins Kloster nach Prote, einer der sogenannten Prinzeninseln vor Konstantinopel. Heute heisst die Kinaliada. Romanos starb dort im Jahr 948. Lange durften seine Söhne sich nicht über ihre – immer noch mit Konstantinos VII. geteilte – Herrschaft freuen. Zum einen stand das Volk klar auf dessen Seite, zum anderen auch seine Frau. Das war nicht unbedingt selbstverständlich, war sie doch auch eine Schwester der beiden Usurpatoren. Auf jeden Fall waren sie bald auch auf Prote und konnten mit ihrem Vater die letzten Ereignisse in aller Ruhe diskutieren. Es wundert uns nicht, dass auch das nicht gelang.

 

Endlich Konstantinos VII.

Formal war Konstantinos bereits seit 31 Jahren Kaiser, als er im Januar 945 dann endlich auch wirklich an die Macht kam. Er war ein gebildeter Mann, hatte ja auch Zeit genug gehabt, zu lesen und zu lernen. Dabei war er durchaus etwas nachtragend. Über Romanos. der ihn ja lange von der eigentlichen Macht ferngehalten hatte, schrieb er: "Der Herr Kaiser Romanus war ein Idiot und ein Analphabet, weder nach kaiserlicher Art erzogen, noch von Anfang an den römischen Gebräuchen gefolgt, noch von kaiserlicher oder adliger Abstammung, und daher in den meisten Dingen umso unhöflicher und autoritärer ... denn seine Ansichten waren ungehobelt, eigensinnig, er kannte das Gute nicht und war nicht bereit, sich an das zu halten, was recht und billig ist". Habe fertig, hätte Giovanni Trapattoni (geb. 1939) gesagt.

 

Konstantinos reformierte die Steuerpolitik und setzte damit eine bereits von Romanos begonnene Maßnahme fort, die das Aufkaufen von Grundstücken und kleinen Bauernhöfen durch meist aristokratische Großgrundbesitzer verhindern oder zumindest einschränken sollte. Besonders wichtig war dabei der Umgang mit den Gütern ehemaliger Soldaten, ein Thema, das wir aus der römischen Kaiserzeit hinreichend kennen.

 

Da die Lage auf dem Balkan weiterhin ruhig blieb, konnte sich Konstantinos außenpolitisch auf den Osten konzentrieren. Es gelang den byzantinischen Truppen, bis zum Euphrat vorzudringen, allerdings wurden die Geländegewinne nicht lange gehalten. Auch der Versuch einer Rückeroberung Kretas scheiterte 949 erneut. So blieb im Grunde alles beim Alten.

 

Als gebildeter Herrscher pflegte Konstantinos einen regen Austausch mit anderen Staaten, dem Kalifen in Spanien, Otto I. in Deutschland und zur Kiewer Rus.

 

Romanos II. – Tod auf der Jagd

Ihm folgte für vier Jahre sein Sohn Romanos als zweiter dieses Namens (938 bis 963, reg. 959 bis 963). Romanos war insofern ein fähiger Herrscher, als er sich auf gute Berater und Generäle stützte. Nikephoros Phokas (912 bis 969, reg. 963 bis 969) glückte im Jahr 961 die schon mehrfach versuchte Wiedereroberung Kretas. Im Folgejahr hatte er ebenso Erfolg im Osten, konnte sogar den Palast des Emirs in Aleppo plündern und mit reicher Beute heimkehren. Romanos selbst starb am 15. März 963 nach einem Jagdausflug. Er war somit nach Basileios ein weiterer Kaiser, dem die Jagd zum Verhängnis wurde. Missgünstige Quellen sprechen bei Romanos aber auch von Vergiftung oder den Folgen eines sehr ausschweifenden Lebenswandels. Einen Zusammenhang zur Jagdleidenschaft schließen wird aus.

 

Auf dem Thron folgten zunächst nicht die noch minderjährigen Söhne von Romanos. Wie schauen uns das das nächste Mal an.