· 

(142) Anarchie und Behauptung: Von Justinian II. zu Leo III.

Das letzte Mal haben wir gesehen, wie sich Konstantinos IV. erfolgreich mühte, sein Reich beieinander zu halten und nicht untergehen zu lassen. Unter seinem Sohn Justinian II. wurde es nicht ruhiger. Im Gegenteil.

 

Erste Erfolge

Dabei agierte Justinian zunächst durchaus erfolgreich. Erfolge in Armenien brachten ihm höhere Tributzahlungen der Araber ein. Kurzfristig kam es hier sogar zu einem gewissen Ausgleich. So gab es im Jahr 687 eine Vereinbarung zwischen Kaiser und Kalif, dass 12.000 Maroniten – Christen, die dem heiligen Maron von Beit (gest. 410) anhingen – in das Byzantinische Reich übersiedeln konnten. Zypern kam zeitweise wieder unter byzantinische Kontrolle. Viele Einwohner wurden auf das Festland umgesiedelt. Der Kalif war deshalb ungehalten, musste er doch auf die entsprechenden Steuereinnahmen verzichten.

 

Auch auf dem Balkan war Justinian zunächst erfolgreich. 688/689 wurden die Bulgaren geschlagen. Viele Slawen wurden nach Kleinasien deportiert und als Wehrbauern gegen die Araber angesiedelt. Sie waren also im Kriegsfall dienstpflichtig.

 

Dann wendete sich Justinians Glück.

 

Münzen als Zündfunke

Das Klima zwischen Konstantinopel und dem Kalifat verschlechterte sich wieder. Der Grund dafür war ungewöhnlich. Justinian hatte Münzen prägen lassen, auf denen nicht mehr der Kaiser auf der Vorderseite abgebildet war, sondern Christos Pantokrator. Jesus, der Weltherrscher. Da der Handel grenzüberschreitend war, tauchten diese Münzen natürlich auch im islamischen Kalifat der Umayyaden auf, eine nicht zu unterschätzende Provokation.

 

Irgendwann hatte der Kalif genug und griff an. 693 siegte Justinian noch in Armenien, aber schon im gleichen Jahr musste er eine vernichtende Niederlage bei Sebastupolis, in der Nähe des heutigen Sivas in Zentralanatolien, einstecken. Ein wesentlicher Grund für diese Niederlage war, dass die gedungenen slawischen Wehrbauern zu den Arabern überliefen. Diese hatten dann ein eher leichtes Spiel und konnten sich Teile des Themas Armeniakon einverleiben.

 

Zu hohe Steuern führen zum Putsch

Justinian hatte in dieser Zeit auch innenpolitisch keine Fortune. Er sah in seinem Namensvetter Justinian I. ein Vorbild und wollte es ihm durch die Errichtung imposanter Bauwerke gleichtun. Das kostete viel Geld und die hierfür notwendigen Steuern machten keinem Freude. Die vorgenommene Vereinfachung des Steuersystems war zwar sinnvoll, für die Menschen war aber merkwürdigerweise die absolute Höhe der geforderten Zahlungen entscheidend. So kam es 695 zu einem Aufstand, der von der blauen Zirkuspartei angeführt wurde. Am Ende war der strategos, also der Oberbefehlshaber des Themas Hellas namens Leontios (gest. 706, reg. 695 bis 698) an der Macht. Justinian wurde in aller Öffentlichkeit die Nase abgeschnitten und er wurde nach Chersones auf der Krim, in unmittelbarer Nähe liegt das heutige Sewastopol, verbannt. Wir dürfen ihn noch nicht vergessen.

 

Leontios hat kein Glück

Leontios herrschte von 695 bis 698. Justinian hatte ihn als Verantwortlichen der schweren Niederlage gegen die Araber bei Sebastupolis 693 einkerkern lassen, jedoch drei Jahre später begnadigt. Leontios war ein wenig nachtragend und hatte die Zeit im Kerker nicht vergessen. Der erfolgreiche Aufstand gegen Justinian war sein Dankeschön.

 

An der Macht konnte er als Vertreter der wohlhabenden Klasse die Probleme, die diese mit der Steuereintreibung hatten, zwar verringern, insgesamt hatte er allerdings wenig Erfolg. Die Araber verstärkten den Druck in Afrika und konnten 697 Karthago einnehmen. Leontios‘ Versuch, durch eine Flottenexpedition wieder etwas Land zu gewinnen, scheiterte trotz einer kurzzeitigen Rückeroberung Karthagos.

 

Tiberios macht es ein wenig besser

Auf der Rückfahrt kam es bei Kreta zu einer Meuterei, an deren Spitze sich ein Herr Apsimaros (gest. 705/706, reg. 698 bis 705) setzte. Der Oberbefehlshaber der Flotte, Johannes Patrikos (gest. 698), wurde ermordet und Apsimaros erklärte sich als Tiberios III. zum Kaiser. Dass seine Belagerung Konstantinopels erfolgreich war, erklärt sich aus der dort grassierenden Pest sowie der Unterstützung der grünen Zirkuspartei, die es vielleicht den Blauen, die Leontios geholfen hatten, heimzahlen wollten. Nach seinem Sieg ließ Tiberios seinem Vorgänger, wir ahnen es schon, die Nase abschneiden und schickte ihn in ein Kloster. Diese Sache mit den abgeschnittenen Nasen mag uns grässlich vorkommen, hat jedoch gegenüber der lang praktizierten Sitte der abgeschnittenen Köpfe gewisse Vorteile. Wir wollen also nicht zu hart urteilen.

 

Tiberios hielt sich sieben Jahre bis 705 an der Macht. Auch er hatte sich der Araber zu erwehren, konnte allerdings durch den Einsatz seines Bruders Herakleios (um 700) als Oberbefehlshaber insbesondere in Armenien einige Erfolge erzielen und die Reichsgrenze sichern. Auch auf Zypern konnte er den byzantinischen Einfluss steigern.

 

Justinian mischt wieder mit …

Auch wenn Justinian nun nasenlos war, verschwand er merkwürdigerweise nicht vom Spielfeld. Er blieb nicht auf der Krim, sondern schloss sich den Chasaren an. Er heiratete die Schwester des Khagans Busir (reg. um 700). Vielleicht war sie stark kurzsichtig und nahm das mit der fehlenden Nase nicht so tragisch, oder – was wahrscheinlicher ist – der Brudeer hatte hier einige schwer zu ignorierende Argumente. Sie ließ sich auf jeden Fall taufen und und nahm den Namen Theodora (um 700) an, in Erinnerung an die Gemahlin des großen Namensvetters ihres Mannes. Beide lebten östlich der Krim-Halbinsel am Kimmerischen Bosporus. Das war zwar weit weg von Konstantinopel, aber nicht aus der Welt.

 

Tiberios ahnte die latente Gefahr, die von diesem Ex-Kaiser ausging und erbat bei Busir die Auslieferung oder, wenn es gerade passte, gerne auch die direkte Ermordung Justinians. Der Chasarenherrscher wollte keinen Stress mit den Byzantinern und versuchte also, seinen Schwager umbringen zu lassen. Justinian bekam jedoch Wind von der Sache und floh über das Schwarze Meer zu den Bulgaren an die Donaumündung. Dort fand er Bundesgenossen. Vielleicht war es die betörende Schönheit seiner Tochter, die er dem dortigen Khan Terwel zur Frau versprach. Sicherlich lockte Terwel aber auch ein Bündnis mit den reichen Byzantinern. Vielleicht gab es auch weitere Gründe. Auf jeden Fall zog Justinian mit seinem Schwiegersohn in spe und einem bulgarischen Heer nach Konstantinopel. Im Frühjahr 705 standen sie vor den Mauern. Wir wissen von dem Versuch der Awaren 80 Jahre zuvor, wie schwierig, nahezu unmöglich eine militärische Einnahme der Stadt war. Justinian wusste dies auch und griff zu einer mutigen List. Dabei half ihm, dass er sich ein wenig auskannte. Über ein Aquädukt gelangte er mit seinen Getreuen in die Stadt, die er in einem nächtlichen Handstreich einnehmen konnte. Warum Tiberios keinen nennenswerten Widerstand leistete, ist trotz des Überraschungseffektes ein wenig unklar. Ob hier wieder die Zirkusparteien ein entscheidender Faktor waren? Wir wissen es nicht.

 

Auf jeden Fall begann nun die zweite Herrschaftsperiode Justinians II., die bis zum Jahr 711 dauern sollte. Die abgeschnittene Nase, die ja ein Zeichen seiner Regierungsunfähigkeit sein sollte, verhinderte dies nicht. Man gab ihm lediglich den Beinamen Rhinotmetos, »der mit der abgeschnittenen Nase«.

 

Er versöhnte sich mit seinem Schwager Busir, ließ Theodora, die bei den Chasaren geblieben war, zu sich kommen und freute sich an seinem Sohn Tiberios (705 bis 711). Theodora war die erste fremdländische Prinzessin, die Kaiserin wurde. Terwel bekam den caesar-Titel, der allerdings keine Thronfolge mehr versprach und zog sich nach Bulgarien zurück, nun als anerkannter und befreundeter Bundesgenosse des Byzantinischen Reiches. Diese Freundschaft hielt jedoch nicht lange. 708 wollte Justinian bulgarisches Gebiet (zurück-)erobern. Das klappte nicht, in der Schlacht von Anchialos erlitt er eine entscheidende Niederlage.

 

… und scheitert

Der Grund für sein Scheitern in der zweiten Runde lagen sicherlich wieder in seiner brutalen Herrschaftsausübung mit Massenhinrichtungen, denen auch seine beiden Vorgänger Leontios und Tiberios zum Opfer fielen.

 

Auslöser war ein Aufstand in Cherson im Jahr 711. Justinian schickte ein Flotte zur Krim, die die Stadt dann auch einnehmen konnte. Allerdings verbündeten sich die Eroberer dann mit den Einwohnern und Justinian musste eine neue Flotte schicken. Auch diese schloss sich nach kurzer Belagerung ebenfalls den Aufständischen an. Irgendwie hatte es Justinian geschafft, dass die Zahl seiner Anhänger in einem sehr überschaubaren Rahmen blieb.

 

Die Rebellen segelten nun nach Konstantinopel, das Justinian nicht mehr verteidigen konnte. Seine Truppen waren ja übergelaufen. Er suchte noch einmal Hilfe bei Terwel. Die 3.000 Mann, die so zusammengetrommelt werden konnten, reichten jedoch nicht. Er wurde gefangen genommen und geköpft. Naseabschneiden ging ja nicht mehr. Auch sein sechsjähriger Sohn wurde ermordet. Auf den Thron setzte sich Philippikos Bardanes (gest. 713, reg. 711 bis 713), der Anführer der Rebellen aus Cherson.

 

In den Jahren zwischen 685 und 711 hatte das Byzantinische Reich weiter an Macht verloren. Die Araber waren weiter vorgestoßen und auch das Bulgarische Reich auf dem Balkan hatte sich etabliert. So bleibt als positive Erinnerung wohl nur, dass Justinian gezeigt hatte, dass man auch mit abgeschnittener Nase auf dem Thron sitzen konnte. Die unschöne Tradition brach ab und wir freuen uns auf unversehrte Nachfolger. Hoffen darf man ja.

 

Schnelle Wechsel

Mit Justinian endete die Dynastie des Herakleios nach ziemlich genau einhundert Jahren. Schon Leontios und Tiberios III. waren ja Emporkömmlinge gewesen. Es folgten drei Kaiser, die sich ebenfalls nur kurze Zeit an der Macht halten konnte. Den Weg von Philippikos dorthin haben wir bereits kurz skizziert. Er war ein ehrgeiziger Militär, der bereits unter Tiberios auf den Thron gedrängt hatte. Er war verbannt, von Justinian dann zurückgerufen, allerdings kurz danach wieder verbannt worden. In den zwei Jahren seiner Herrschaft konnte er 712 zwar die Bulgaren besiegen, das Vordringen der Araber in Kleinasien allerdings nicht bremsen. Im Mai 713 kam es zu einer Meuterei in den Truppen, Philippikos wurde am 3. Juni gestürzt. Diesmal blieb die Nase dran, dafür wurde er geblendet. Auch nicht schön.

 

Ihm folgte sein Sekretär Artemios, der sich als Kaiser Anastasios II. (gest. 719, reg. 713 bis 715) nannte und auch nur zweieinhalb Jahre auf dem Thron hatte. Viel war in dieser Zeit nicht auszurichten. Immerhin ließ er die Land- und Seemauern von Konstantinopel reparieren. Sein Versuch, mit einer Flottenexpedition nach Syrien eine vermutete Schwäche der Araber nach dem Tod des Kalifen al-Walid I. (um 674 bis 715, reg. 705 bis 715) auszunutzen, scheiterte.

 

Die Flotte sollte sich in Rhodos sammeln, um konzentriert gegen die Araber vorgehen zu können. Ähnlich wie bei der Machtübernahme von Tiberios III. kam es während des Aufenthaltes auf Rhodos zu einer Meuterei. Der Anführer Theodosios (gest. vielleicht 754, reg. 715 bis 717) ließ sich im Mai 715 als der dritte seines Namens zum Kaiser ausrufen und wandte sich gen Konstantinopel, dass er sechs Monate lang belagern ließ. Anastasios floh ins Kloster nach Nikaia, das wir als Konzilsort Nicäa bereits kennen. Ende des Jahres gab er dann auch formal auf und verzichtete auf den Kaisertitel. Hierzu hatte ihn der Patriarch von Konstantinopel Germanos I. (etwa 634 bis 733, amt. 715 bis 730) überredet.

 

Ein ganz kurzer Exkurs zur Religionspolitik

Bei dieser Gelegenheit geben wir ein wenig beschämt zu, dass wir die kirchenpolitische Entwicklung in den Regierungszeiten der letzten Kaiser ganz außen vor gelassen haben. Um 629 war beispielsweise die Lehre des Monotheletismus entstanden, wonach Jesus zwar zwei Naturen, eine göttliche und eine menschliche habe, aber nur einen von Gott vollständig diktierten Willen. Wir haben etwa dreihundert Jahre zuvor so etwas ähnliches von den Heterousianern gehört. Die Idee des monotheletischen Ansatzes war es, die Miaphysiten mit der auf dem Konzil von Chalkedon festgelegten Zwei-Naturen-Lehre zu versöhnen. Damit begaben sich Herakleios und seine Nachfolger allerdings in einen lang anhaltenden Konflikt mit dem Papst, der immer wieder zu gegenseitigem Stress führte. Wir wollen das jetzt nicht im Einzelnen durchgehen. Justinian musste beispielsweise den Erzbischof von Ravenna mit Truppen zur Räson bringen, als dieser die Unterordnung unter den Papst verweigerte.

 

Leo III.

Doch nun zurück zur Thronfolge. Nach Anastasios kam also Theodosios III. auf den Thron, der Anführer der Meuterei auf Rhodos. Auch er blieb nicht lange an der Macht. Die Araber drangen bis vor Konstantinopel vor und die Armee sah den Kaiser nicht als fähig an, mit dieser Krise klug umzugehen. Am 25. März 717 dankte er ab, nachdem man seinen Sohn gefangen genommen hatte. Zusammen mit diesem zog er sich in ein Kloster nach Ephesos zurück.

 

Der Weg war frei für Konon, den Strategen des Themas Anatolikon, der zusammen mit Artabasdos (gest. 743, reg. 741 bis 743), Stratege von Armeniakon, die Usurpation bereits vorbereitet hatte. Als Leo III. bestieg er den Thron und begründete die syrische Dynastie, die bis 802 herrschen sollte. Das Reich war inzwischen zu einem Flickenteppich geworden. Neben dem von den Arabern immer wieder angegriffenen Kleinasien gab es einzelne Besitzungen am Schwarzen Meer, in Griechenland, Nord- und Süditalien sowie eine Reihe von Mittelmeerinseln wie Kreta, Korfu, Korsika, Sardinien und Sizilien. Sicherlich nicht einfach, so ein Reich zu führen und zusammenzuhalten.

 

Leo war um 680 geboren, also in den Dreißigern als er auf den Thron kam. Der Beginn seiner Regierung war von einigen Kämpfen geprägt. Der Kalif Suleiman ibn Abd al-Malik (gest. 717, reg. 715 bis 717) wollte die instabile Situation nutzen und belagerte Konstantinopel. Wieder halfen Bulgaren und griechisches Feuer, diese Bedrohung abzuwenden. Dieser Sieg aus dem Jahr 718 war einer der ganz wichtigen in der Weltgeschichte, da er den Siegeszug der Araber Richtung Norden nachhaltig zum Halten brachte.

 

Zudem musste Leo Aufstände in Sizilien und auch in Konstantinopel selbst, wo sich Anhänger von Anastasios II. aufgerafft hatten, niederschlagen. Auch dies gelang ihm.

 

Reformen …

Durch diese Erfolge bekam Leo ein wenig Zeit, das Reich zu reformieren. Die Steuergesetze wurden angepasst, die Mauern der Hauptstadt verstärkt. Um 741 entstand eine modernisierte Gesetzessammlung, in der gegenüber dem Codex Iustinianus mehr auf Verstümmelungen als auf die Todesstrafe gesetzt wurde – denke an die Nasen –, und die Themen wurden neu strukturiert. Dabei wurden große Bezirke aufgeteilt, um die Gefahr von Usurpationen durch mächtige Strategen zu verringern. 718, 727 und 729 hatte es solche Versuche gegeben, die Gefahr war also real und nicht in übertriebener Angst des Kaisers begründet.

 

… und Erfolge

Auch militärisch ging es voran, die Araber konnten 726 bei Nikaia und 740 bei Akroinon in Phrygien, nahe dem heutigen Afyon, geschlagen werden. Der Wind hatte sich ein wenig zugunsten des Byzantinischen Reiches gedreht. Eine gewisse Absicherung brachte 738 ein gegen die Araber gerichtetes Bündnis mit den Chasaren, die nach einer Niederlage gegen die Araber im Jahr 737 Beistand suchten. Wir können durchaus von einer erfolgreichen Regierungszeit Leos sprechen, gerade auch vor dem Hintergrund der letzten Jahre mit fünf Kaisern in den Jahren zwischen 685 und 717, einer davon sogar mit zwei Regierungszeiten.

 

Bilderstreit

In Erinnerung blieb Leo allerdings auch aufgrund seiner Religionspolitik. So ganz werden wir uns diesem Thema nie entziehen können. Unter Leo III. begann eine Phase des Bilderstreites, später auch Ikonoklasmus genannt.

 

Was der Auslöser war, dass es plötzlich eine Fraktion gab, die die Verehrung von Bildern Jesu, Marias oder Heiliger ablehnte, kann heute nicht mehr genau gesagt werden. Es mag sein, dass entsprechendes Gedankengut über die Kontakte und Auseinandersetzung mit dem Islam einsickerten. Dort hatte der Kalif Yazid II. (um 690 bis 724, reg. 720 bis 724) die Verehrung heiliger Bilder verboten. Auch andere Gründe werden genannt, unter anderem ein Vulkanausbruch nordöstlich von Kreta bei Santorin, der als Wink Gottes interpretiert worden sei, oder die Rückbesinnung auf Konstantin den Großen, der ja im Zeichen des Kreuzes gesiegt hatte. Beides wurde von den Bilderstürmern herangezogen, um ihre Argumentation zu untermauern. Jesus habe ja zwei Naturen, von denen die göttliche per se nicht darstellbar sei. Jedes Bild trenne also die beiden eigentlich untrennbaren Naturen und sei daher häretisch und falsch. Zudem würde das zweite Gebot ja verbieten, sich ein Bild von Gott zu machen: "Du sollst dir kein Bildnis machen in irgendeiner Gestalt, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist." Ein Plädoyer für die abstrakte Kunst? Wir wollen nicht in die Diskussion einsteigen.

 

Ab etwa 726 zeigte sich eine zunehmend bilderfeindliche Haltung des Kaisers, während Germanos I., der Patriarch von Konstantinopel, an der Bilderverehrung festhielt. Der Zwist führte 730 zum Rücktritt des Patriarchen. Die konkreten Auswirkungen dieses Streites waren wohl zur Regierungszeit Leos noch überschaubar. Sein Streit mit den Päpsten Gregor II. (gest. 731, amt. 715 bis 731) und Gregor III. (gest. 741, amt. 731 bis 741) fußte eher auf der Höhe der geforderten Steuern. Wir können aber schon festhalten, dass sich Osten und Westen, um es pauschal auszudrücken, einander zunehmend entfremdeten. Gregor III. verurteilte 731 die Ikonoklasten, Leo entzog ihm daraufhin die Jurisdiktion über einige süditalienische Bistümer. Da sind wir Schlimmeres gewohnt.

 

So behalten wir Leo III. als fähigen und erfolgreichen Herrscher in Erinnerung, dem es gelang, die Seeherrschaft der Araber im östlichen Mittelmeer im Jahr 718 durch die Zerschlagung ihrer Flotte vor Konstantinopel für längere Zeit zu brechen. Er starb 741, ihm folgte sein Sohn Konstantinos (718 bis 775, reg. 741 bis 775), der als der Fünfte seines Namens auf den Thron stieg.