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(125) Gotenkriege

Amalasuintha übernimmt…

Nach Theoderichs Tod ging es mit dem von ihm geschaffenen Ostgotenreich stetig bergab. Als erstes entfiel die Personalunion mit dem Westgotenreich, wo Theoderichs Enkel Amalarich auf den Thron stieg - und, wie wir wissen, wenig Fortune hatte. Ravenna vermisste in Folge die Steuereinnahmen.

 

Im Ostgotenreich war die Herrschaft Amalasuinthas für ihren erst zehnjährigen Sohn Athalarich höchst umstritten. Athalarich starb früh, seine Mutter blieb Regentin, wurde sogar im Jahr 534 kurzzeitig selbst Königin. Amalasuintha war römisch erzogen und stand dem Hof in Konstantinopel somit sehr nah. So gestatte sie 533 dem oströmischen Heer, auf seinem Zug gegen die Vandalen in Sizilien Station zu machen. Auf der anderen Seite versäumte sie es, den zu dieser Zeit mit den Ostgoten eigentlich verbündeten Burgundern und Thüringern zur Hilfe zu kommen, als diese sich von dem fränkischen Expansionsdrang bedroht sahen. Wir haben gesehen, dass beide zwischen 531 und 534 Chlodwigs Söhnen unterlagen und ihre Selbständigkeit verloren. Der mächtige Nachbar im Norden war nun eine latente Gefahr für das Reich der Ostgoten.

 

…und macht einen Fehler

Amalasuintha schaltete mögliche Rivalen wie Tuluin (um 520), einen erfolgreichen General und ehemaligen Vertrauten Theoderichs, konsequent aus. Nach Athalarichs Tod versuchte sie, ihre Macht zu sichern, indem sie diese zumindest der Form halber mit einem Mann teilte. So wurde Theoderichs Neffe Theodahad (um 480 bis 536, reg. 534 bis 536) zum Mitregenten erhoben. Theodahad war ein älterer Herr, der sich eher auf philosophische Studien zu verstehen schien, als auf das Machtspiel am Hof in Ravenna. So dachte die Königin, lag aber ziemlich daneben. Theodahad hatte neben den Philosophen wohl auch ein paar Krimis gelesen. Er zeigte Handlungsstärke und ließ seine Cousine festnehmen und 535 ermorden.

 

Justinian sieht seine Chance

Amalasuinthas gewaltsamer Tod war auch ein Signal nach Konstantinopel, wo sie ja durchaus als Freundin und Verbündete gesehen wurde. Für Justinian war ihre Ermordung ein willkommener Anlass, sich um Italien zu kümmern.  Theodahad griff daher eine Idee Theoderichs auf und schickte den Papst, mittlerweile Agapitus I. (vor 494 bis 536, amt. 535 bis 536), zum Kaiser, um um gut Wetter zu bitten. Justinian war kein Meteorologe, sondern Machtmensch. Er sah die Chance und schickte seine Armee unter Belisar nach Sizilien. Der hatte bei den Vandalen in Afrika ja gerade gezeigt, wie man mit wenig Aufwand ein großes Reich erobert.

 

Nun bot sich eine neue Gelegenheit, auch das vermeintlich starke Reich der Ostgoten wieder unter römische Herrschaft zu bringen. Dass dem Kaiser da die Idee kommen konnte, er sei ausersehen, das Römische Reich wieder zu alter Größe zu bringen, ist nicht ganz abwegig. Aber selbst ohne die Unterstellung solcher Motive lag es nahe, die Schwäche eines starken Nachbarn auszunutzen. Hinzu kam die Möglichkeit, den religiösen Zwist mit den gotischen Arianern zu den eigenen Gunsten zu entscheiden.

 

Diesmal kam es anders, keine leichten Siege, sondern ein sich über mehr als 25 Jahre ziehendes Kämpfen, Plündern und Morden. 

 

Ein leichter Beginn

Die Gotenkriege begannen langsam und zuerst sah es eher nach einem Spaziergang für die Generäle Justinians aus. Während Belisar in Sizilien landete und die Insel schnell erobern konnte, zog ein anderer General namens Mundo nach Dalmatien, wo er ebenso wenig auf Widerstand stieß und die Stadt Salona bei Split erobern konnte. Dort hatte vor nicht allzu langer Zeit mit Glycerius einer der letzten weströmischen Kaiser seinen Lebensabend als Bischof verbringen dürfen. Ob das der gleiche Mundo war, den wir das letzte Mal an der Seite der Ostgoten gesehen haben? Wir wissen es schlicht nicht.

 

Justinian war durch Botschaften sowohl zunächst von Amalasuintha als auch anschließend von Theodahad ermutigt, die ihm beide Italien überantworten wollten, sofern nur für sie eine hinreichende Altersversorgung sichergestellt sei. Probleme im Rentensystem sind also nicht neu. Eigentlich war damit alles klar.

 

Schwierigkeiten

Doch erstens kommt es anders und zweitens kam ein gotisches Heer in Dalmatien auf die Idee, Mundo anzugreifen. Zwar wurde der römische Heerführer getötet, die eroberten Stellungen konnten die Goten jedoch nicht halten. Dafür kamen die Gepiden. Wir erinnern uns an deren Konflikte mit Theoderich. Noch schwieriger wurde es, als Belisar Sizilien verlassen musste, da in Afrika ein Aufstand drohte.

 

Theodahad sah unvermittelt die Sonne wieder aufgehen. Sein Versprechen, Italien an Justinian zu übergeben, kassierte er, verhaftete den Gesandten des oströmischen Kaisers und schickte erneut den Papst zu Verhandlungen nach Konstantinopel. Justinian war wohl eher ein ernsthafter Mensch, zumindest hatte er keine Lust auf diese Spielchen. Belisar bekam, nachdem Afrika aufgeräumt war, den Auftrag, in Italien nun endgültig für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Nach Dalmatien schickte der Kaiser einen Feldherren namens Konstantinianos (um 530). Es herrschte wirklich Krieg.

 

Belisar hatte zunächst durchaus Erfolg, obwohl seine Truppen den gotischen deutlich unterlegen waren. 536 fiel Neapel, die Goten trauten spätestens danach Theodahad nicht mehr zu, ein erfolgreicher Kriegsherr zu sein, und ermordeten ihn. Er war der letzte Herrscher aus der Reihe der Amaler, deren Geschichte um 375 mit Ermanarich begonnen hatte. Wir erinnern uns dunkel an die ersten Eroberungen der Hunnen im 4. Jahrhundert.

 

Witigis hält dagegen

Nachfolger wurde mit Witigis ein mit 60 Jahren schon etwa angegrauter Herr, allerdings ein sehr erfahrener und erfolgreicher Soldat, der sich auch sogleich ans Werk machte. Um sich nach innen abzusichern, heiratete er Theoderichs Enkelin Matasuintha (518/520 bis nach 551), eine Tochter seiner Vorvorgängerin Amalasuintha. Etwas Handlungsfreiheit und Absicherung nach Norden verschuf er sich durch einen Bündnisvertrag mit den Franken, mit dem er ihnen die 508 und 523 gewonnenen Gebiete in Gallien überließ. Unmittelbarer Vorteil war, dass er die dort stationierten Soldaten zum Kampf gegen Belisar einsetzen konnte. Der hatte im Dezember 536 Rom eingenommen, wohin Witigis nun mit seinen Truppen zog.

 

Wir wollen jetzt nicht die verzweigte Geschichte der Gotenkriege im Einzelnen aufdröseln. Rom wurde drei Mal von den Truppen Justinians und zwei Mal von den Goten belagert.

 

LALIA macht es allen schwer

Witigis‘ Herrschaft und Kriegsführung stand trotz all seiner Erfahrung unter keinem guten Stern. Hinzu kam, dass 536/537 Italien unter einer großen Hungersnot litt. Auslöser dieser weltweit spürbaren plötzlichen Klimaverschlechterung war aller Wahrscheinlichkeit nach ein Vulkanausbruch. Der Himmel blieb den ganzen Sommer über dunkel und die Feldfrüchte konnten nicht gedeihen.

 

Welcher Vulkan hier die Ursache war, ist unklar. Eisbohrkerne deuten auf Island als Quelle hin. Es gibt auch die These, dass 535 zudem der Ilopango in El Salvador ausbrach, was die Situation weiter verschärft hätte. Andere datieren diesen Ausbruch allerdings bereits auf das Jahr 431. Wie so häufig bleibt die Unsicherheit. Forscher sprechen hier auf jeden Fall von der »Klimaanomalie 536 bis 550« oder, was natürlich besser klingt, von LALIA, dem Late Antique Litte Ice Age.

 

Hin und Her in Mailand

Auch wenn Belisar bis nach Mailand vorstoßen konnte, war der Italienfeldzug kein Spaziergang für ihn. 538 eroberte er die Stadt, 539 konnten dagegen die Goten wieder ihre Fahnen auf den Türmen hissen. Justinian schickte Verstärkung. Die half nur bedingt, da sich deren Kommandant Narses (478 bis 573) und Belisar zu selten einig waren. Narses wurde in die Heimat zurückgerufen und Ende 539 war der Weg nach Ravenna, der gotischen Hauptstadt, frei.

 

Die Franken nutzten die Schwäche der Goten aus und zogen 540 nach Norditalien, ob als Hilfe für die Goten oder in reinem Eigeninteresse, mag dahingestellt sein. Es gelang ihnen, sich Mailands zu bemächtigen und gegen sowohl oströmische als auch gotische Wiedereroberungsversuche zu verteidigen. So lange müssen wir die Motivation also gar nicht dahingestellt sein lassen.

 

Witigis hat's schwer

Die Position von Witigis war mittlerweile deutlich angeschlagen. Er belagerte ein Jahr lang Rom – insgesamt 69 Gefechte forderten beiden Seiten das Äußerste ab – und musste dann doch abziehen, um an anderer Stelle, bei Picenum und Rimini, einen Angriff Belisars abzuwehren. Die Goten zweifelten an den Fähigkeiten ihres neuen Königs und daran, ob auf seiner nicht-amalischen Familie das Königsheil liege. So lehnte Witigis‘ Neffe Uraias (gest. um 540) die ihm angebotene Königswürde mit dem Hinweis ab, dass seiner Familie dieses Königsheil fehle. Witigis war zunehmend verzweifelt. Belisar gewann immer mehr die Kontrolle über ganz Italien. Auch Uraias Armee löste sich auf. Die Soldaten sorgten sich um Frau und Kind und desertierten nach Hause, je mehr Gebiete durch Belisar erobert oder bedroht wurden.

 

Witigis suchte dringend Unterstützung. Fränkische Hilfsangebote lehnte er ab. Er musste dann immer gleich an die Sache mit dem Regen und der Traufe denken. Die Langobarden, die mittlerweile nordöstlich des Gotenreiches siedelten, ließen ihn ihrerseits abblitzen. Auch bei den Persern versuchte er es. Ostrom sollte in einen Zweifrontenkrieg verwickelt werden. Die Idee war gut. Diese potentielle Bedrohung veranlasste Justinian, einem Verhandlungsfrieden zuzustimmen, der ihm Italien immerhin bis hoch zur Poebene sichern würde. Das Gotenreich wäre nicht vernichtet worden, sondern ein dem oströmischen Reich ergebener Pufferstaat im Norden. Es kam anders.

 

Belisar verschmäht den Kompromiss

Belisar – im Überschwang seiner Erfolge – wollte mehr. Er forderte den vollständigen Abzug der Goten, Britannien wäre doch ein lohnendes Ziel für sie. Auch die Goten wollten schlau sein. Sie boten Belisar die basileia an, vermutlich war damit die (west-?)römische Kaiserkrone gemeint. Der sah sich zwar nicht als potentieller Usurpator, ging aber zum Schein auf das Angebot ein, was ihm den kampflosen Einzug in Ravenna bescherte. Dort entwaffnete er die gotische Armee und schickte die Soldaten auf ihre Höfe nach Hause. Immerhin enteignete er sie nicht, wohl auch um Ruhe zu bewahren. Witigis und einige Adelige nahm er ebenso wie den Königsschatz mit nach Konstantinopel, um sich dort als Sieger feiern zu lassen. Zudem brauchte Justinian ihn an der Ostfront gegen die Perser. Wir schreiben das Jahr 540, die Goten waren geschlagen und der Gotenkrieg beendet.

 

Es wird noch gesungen

»It ain’t over till the fat lady sings.«. Diese Weisheit haben Opernliebhaber aus Wagners Ring der Nibelungen abgeleitet. In der letzten Oper "Götterdämmerung" singt die nicht gerade schlanke Brünnhilde ein zehnminütiges Solo, bevor am Ende alle Beteiligten tot sind.

 

Nun wurde in den Gotenkriegen eher wenig gesungen, zu Ende waren sie dennoch nicht. Nördlich des Pos hatten sich zwei gotische Stützpunkte halten können. Der uns schon bekannte Uraias saß in Ticinum, heute Pavia, und Hildebad (gest. 541, reg. 540 bis 541), ein Neffe des Westgotenkönigs Theudis, der, wie wir uns erinnern, ja eigentlich Ostgote war, in Verona. Hildebad übernahm den Königstitel, Witigis war ja durch seine Gefangennahme aus dem Spiel. Der neue König bot Belisar neuerlich die Gesamtherrschaft im Westen an. Der hob nicht einmal die Augenbrauen und machte sich auf dem Weg nach Konstantinopel.

 

Hildebad versuchte nun, die verbliebenen gotischen Einheiten zu bündeln und einen funktionierenden Widerstand zu organisieren. Dafür blieb ihm allerdings wenig Zeit. Erst überwarf er sich mit Uraias, wohl ausgelöst durch einen Zwist der Ehefrauen beider. Uraias überlebte diese Auseinandersetzung nicht, aber auch Hildebad wurde kurz darauf von einem seiner Leibwächter ermordet, der mit seinem Herrn wohl noch ein persönliches Hühnchen zu rupfen hatte.

 

Wie nach ihm der Rugier Erarich (gest. 541, reg. 541) auf den Thron gelangte, wissen wir nicht. Vielleicht rief er einfach am lautesten »Hier!« oder war der Letzte beim Weglaufen. Die Rugier hatten sich zwar den Ostgoten angeschlossen, Erarich wurde dennoch von den gotischen Adeligen nicht anerkannt. Diese setzten auf Totila (gest. 552, reg. 541 bis 552), einen Neffen Hildebads. Ebenso wie sein Onkel war Totila dem Königstitel nicht abhold. Er ließ im Oktober 541 Erarich nach fünfmonatiger Herrschaft ermorden und wurde so der letzte erinnernswerte König der Ostgoten.

 

Totila versucht es

Hildebad hatte bereits Ligurien und Venetien unter seine Kontrolle gebracht. Totila gelang es, die noch eher überschaubare Zahl gotischer Kämpfer zu einer richtiggehenden Armee zu erweitern. Hierbei halfen vor allem die Krieger, die Belisar zurück auf ihre Höfe geschickt hatte und die nun zurückkehrten. Was sie dazu genau motivierte, müssen wir offen lassen. Auf jeden Fall muss Totila ähnlich wie Theoderich über ein hohes Maß an Charisma verfügt haben. Er konnte viele Überläufer, vornehmlich auch Sklaven, gewinnen. Er musste sie sogar gewinnen, wenn er denn eine zahlenmäßig halbwegs vernünftige Armee aufstellen wollte.

 

Zunächst zeitigte sein Vorgehen Erfolg. 543 konnte er Neapel und Süditalien erobern. Allerdings war seine Kraft nicht groß genug, die eroberten Städte und Gebiete zu halten und so seine Herrschaft zu konsolidieren. Auf der anderen Seite konnte Belisar, der ab 544 wieder in Italien auf der Planche stand, ebenso wenig zu einem entscheidenden Sieg kommen.

 

Der von Witigis vor Jahren aufgestachelte Perserkönig Chosrau I. war 540 aktiv geworden. Ein »Ewiger Friede« mit Ostrom war 532 geschlossen worden und hatte immerhin acht Jahre gehalten. So musste Justinian sich auf seine Ostgrenze konzentrieren und konnte Belisar nicht hinreichend komfortabel ausstatten. Italien erlebte so bis 552 einen ständigen Abnutzungskrieg, bei dem beide Seiten nicht genug Kraft hatten, eine wirkliche Entscheidung zu erzwingen. Hinzu kam, dass ab 536 die LAILA-Klimaanomalie und zusätzlich 541/542 eine Pestepidemie das Oströmische Reich stark getroffen hatte, was nicht nur viele Menschenleben gekostet, sondern auch die Wirtschaft massiv geschwächt hatte.

 

So musste Belisar mit dem leben, was er hatte. Auch Totila konnte nicht aus dem Vollen schöpfen. Den Franken überließ er Venetien, um im Süden mehr Kraft und Handlungsoptionen zu haben. Ab Ende 545 belagerte er Rom, das ihm am 17. Dezember 546 auch durch den Verrat römischer Soldaten in die Hände fiel. Die Situation, die er in der Stadt vorfand, war erschreckend. Lediglich fünfhundert Menschen sollen dort noch gelebt haben, die sich von Brennnesseln und Exkrementen ernährt haben sollen, während der römische Kommandant Bessas (vor 480 bis nach 554) sich durch Wuchergeschäfte mit Getreide bereichert hätte. Der Erfolg Totilas war ein kurzlebiger. Bereits im April 547 war Rom wieder römisch. Klingt blöd, also: oströmisch. Besser? Naja,…

 

Immer weiter, immer weiter

Der Krieg war damit aber noch nicht entschieden, beide Seiten hofften auf die Erschöpfung des Gegners, beide Seiten mobilisierten ihre letzten Kräfte. Totila war sogar in der Lage, eine Flotte nach Dalmatien schicken und 549 erneut Rom belagern. Wieder hatte er Erfolg und zog am 16. Januar 550 erneut in die Stadt ein. Auch an anderer Stelle, so in Ariminum, dem heutigen Rimini, und auf Sizilien konnte er die oströmischen Truppen vertreiben. In Rom suchte er den Ausgleich, formierte einen gemischt gotisch-römischen Senat und schickte eine Friedensgesandtschaft zu Justinian.

 

Justinian verliert die Geduld

Trotz der Probleme seiner Truppen ließ der Kaiser Totilas Leute nicht einmal vor. Er sah ihn als Usurpator und mit solchen Leuten spricht man nicht. Er wollte jetzt endlich Nägel mit Köpfen machen. Bereits 548 war der glücklose Belisar abberufen worden, nun sollte ein großes Heer dem Spuk ein Ende machen.

 

Germanos (gest. 550), ein Vetter des Kaisers, war für die Führung des Heeres vorgesehen. Er war mit Matasuintha, der Witwe von Witigis und Enkelin Theoderichs verheiratet. Ein Signal für die Goten in Italien, sich hinter diesem Führer zu versammeln. Germanos torpedierte diesen Plan Justinians jedoch, wenn auch unfreiwillig. Er starb, kurz bevor das Heer sich in Bewegung setzte.

 

So kam Narses zu seiner zweiten Chance. 538/539 hatte er sich nicht mit Belisar vertragen, nun war er der alleinige Chef. Im April 551 startete er in Konstantinopel, im April 552 hatte er Italien erreicht. Den Versuch der Franken, ihn in Venetien zu stoppen und die Zerstörung der Straßen durch die Goten konnten ihn nicht aufhalten. Er erinnerte sich an Hannibal und wählte den beschwerlichen, jedoch erfolgreichen Weg durch die Sümpfe.

 

Das Ende

Am 6. Juni 552 zog er in Ravenna ein, am 15. Juni ging es weiter Richtung Rom. Rückenwind bekam er durch die Nachricht, dass oströmische Truppen in Süditalien gelandet waren und ein erstes Gefecht gegen die Goten gewonnen hatten. Totila gelang zwar die Besetzung Korsikas und Sardiniens, die Musik spielte jedoch auf dem italienischen Stiefel. Dort kam es Ende Juni/Anfang Juli 552 zum Showdown.

 

Das Pfund, mit dem Totila wuchern wollte, war die gefürchtete gotische Reiterei. Narses war klar, dass dies Totilas einzige Chance war, und stellte sich darauf ein. Als die Goten schließlich am »Grabhügel der Gallier« (Busta Gallorum) bei Taginae in Umbrien angriffen, gingen die Reiter in einem Pfeilhagel der römischen Bogenschützen unter. Wir ersparen uns die Details. Am Ende der Schlacht war Totila gefallen und das gotische Heer war de facto Geschichte. Zwar überlebte mit Teia (gest. 552/553, reg. 552 bis 552/553) ein General, der noch für kurze Zeit der letzte König der Goten wurde. Er konnte bei Neapel Narses noch einmal zur Schlacht stellen. Nach zweitägigem Ringen auf sehr engem Raum bot Narses den Goten freien Abzug an und versprach, dass sie ihre Besitzungen behalten dürften. Das half. Die meisten Goten zogen ab und unterwarfen sich der Herrschaft des oströmischen Kaisers. Eine Tausendschaft unter einem gewissen Indulf (um 550) wollte dies nicht, sie schlossen sich den Franken an.

 

Die kurze Geschichte des ostgotischen Reiches war allerdings noch nicht ganz zu Ende. Immer noch gab es einzelne Festungen, die Widerstand leisteten. Nach und nach fielen diese, aber die Arie zog sich hin. 553 machten sich dann auch noch die Franken auf, wahrscheinlich weniger, um in der Sache der Goten zu fechten, sondern um zu sehen, was sie aus der Erbmasse gut gebrauchen könnten.

 

Angeführt von den alemannischen Herzögen, den Brüdern Butilin (gest. 554) und Leuthari (gest. 554), zeichneten sich insbesondere die alemannischen Krieger bei den Plünderungen durch eine hohe, auch die Kirchen nicht verschonende Rücksichtslosigkeit aus. Auch wenn sie bis nach Süditalien vordrangen, erfolgreich waren am Ende beide Brüder nicht. Der Trupp von Butilin wurde von Narses besiegt, Leuthari und seine Mannen starben an der Pest. Bis 562 hielten sich noch gotische Widerstandsnester. Danach kehrte ein wenig Ruhe in das über Jahrzehnte ausgeblutete Land ein.

 

Alles kaputt

Wir können uns Italien nach diesem langen Krieg nur als ruiniertes Land vorstellen. Städte waren zerstört, Straßen, Felder, Aquädukte, die gesamte Infrastruktur war schlicht gesagt kaputt. Das Land zudem durch Krieg und die Pest, die in den letzten Jahren parallel gewütet hatte, entvölkert. Hatte sich auch nach Untergang des weströmischen Reiches die römische Kultur über weite Strecken erhalten, bedeutete der Gotenkrieg das Ende des römischen Italiens. Zwar herrschte nun mit Justinian wieder ein römischer Kaiser, aber das Land, das er beherrschte, war quasi eine Brache. Die oströmische Herrschaft war zudem von kurzer Dauer, von Norden kamen 568 die Langobarden. Mit ihnen begann eine politische Aufteilung Italiens, die erst 1870, also eintausenddreihundert Jahre später, ihr Ende finden sollte. Schauen wir also das nächste Mal auf diese Totengräber der italienischen Einheit.