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(47) Der Peloponnesische Krieg - Ein Auf und Ab

Auge um Auge

Die ersten zehn Jahre des Konfliktes zwischen Athen und Sparta nennen sich nach dem spartanischen König Archidamos II. (gest. 427/426 v. Chr., reg. 469/468 bis 427/426 v. Chr.) Archidamischer Krieg. Er begann mit gegenseitigen Verwüstungen. Die Spartaner fielen in Attika ein und verwüsteten die Felder. Da Archidamos auf Verhandlungen mit Perikles hoffte, hielt er seine Leute noch ein wenig zurück. Die Bauern waren hinter die langen Mauern Athens geflohen und konnten dort ja nicht ewig bleiben. Zudem würden sie in Sorge um ihre Felder, Weinstöcke und Olivenbäume sicherlich Druck auf die athenische Regierung ausüben. So dachte Archidamos. Perikles wollte den Spartaner damit aber nicht durchkommen lassen. Er verweigerte Verhandlungen, sondern schickte vielmehr die Flotte rund um den Peloponnes, wo sie anlandeten und nun ihrerseits die Felder der Spartaner verwüsteten. Dabei gelang es ihnen zudem, das widerspenstige Ägina und die Insel Kephallenia im Ionischen Meer nordwestlich des Peloponnes zu erobern. Dies war psychologisch sehr wertvoll. Ohne den Erfolg zu Meer wäre die Stimmung unter den evakuierten attischen Bauern und den Athenern selbst sicherlich schnell gekippt.

 

So hatte die perikleische Strategie, den Sieg in bewährter Manier über die Flotte zu suchen und an Land jede Schlacht zu vermeiden, im Zweifel sogar das Land preiszugeben und die Bevölkerung in Athen zu schützen, erst einmal Erfolg. Die Situation in Athen selbst blieb allerdings aufgrund der vielen Menschen auf engem Raum explosiv.

 

Unverhofft kommt oft

Auch kluge Strategen sind nicht vor Unvorhergesehenem gefeit. Ein Jahr nach Beginn des Krieges brach in Athen die Pest aus, beziehungsweise eine bis heute nicht identifizierte Krankheit, die man mangels besserer Alternative so nennt. Sie war hoch infektiös, breitete sich vom Hafen Piräus kommend in Windeseile über das ganze durch die Evakuierung stark übervölkerte Stadtgebiet aus und sorgte für viele Tote.

 

Die Spartaner waren erneut nach Attika gezogen. Diesmal kannten sie beim Verheeren des Landes keine Verwandten mehr. Die Hoffnung auf eine Einigung oder eine entscheidende Schlacht, hatte sich zerschlagen. Auch die Athener setzten auf die Strategie des Vorjahres. Wieder wurden die Schiffe in Richtung Peloponnes geschickt, wieder auch dort das Land verwüstet. Diesmal gab es jedoch keine Eroberungen, so dass der Ertrag der zurückkehrenden Flotte doch eher gering ausfiel. Und das, obwohl Perikles selbst das Kommando geführt hatte.

 

Vielleicht klappt's beim Nachbarn

Vielleicht auch, um Handlungsstärke zu beweisen und das Volk mit Erfolgen zu beruhigen, beschloss man, schleunig gegen das bedrängte Poteidaia aufzubrechen und dieses nun endlich zu erobern. Diese misslang zunächst. Dafür brachte man die Pest auch auf die Chalkidike. Auch die, die überlebten, waren nicht nur dankbar für diesen Besuch.

 

Sparta vorne

Nach zwei Jahren Krieg sah es nicht gut aus für Perikles. Seine Gegner hatten mit den eher bescheidenen Erfolgen seiner Unternehmungen, dem verwüsteten Umland und nun auch noch der Pestepidemie, die die Götter sicher zur Strafe für den angezettelten Krieg geschickt hatten, hinreichend Argumente, dem Staatsmann das Leben schwer zu machen. Er wurde angeklagt und zu einer Millionenstrafe verurteilt. Man schickte nach Sparta, um über Frieden zu verhandeln.

 

Dort hatte man aber nun Oberwasser und stellte unannehmbare Bedingungen. Die Athener überlegten, wem sie für die anscheinend unvermeidbare Fortführung der Kämpfe denn gerne als Strategen vertrauen würden, und kamen auf… Perikles. Doch das Schicksal wollte es anders. Auch Perikles erkrankte mit etwas über 60 Jahren an der Pest und starb wie seine beiden Söhne 429 v. Chr.

 

Athen vorne

Auf Perikles folgten Kleon (gest. 422 v. Chr.) und Nikias (etwa 470 bis 413 v. Chr.) als prägende Figuren der folgenden Jahre, wobei Kleon für eine offensive und Nikias eher für eine ausgleichende Politik stand. Unter ihrer Führung neigte sich das Blatt in den Folgejahren zum Guten für Athen. Sparta hatte seine Chance auf einen vorteilhaften Frieden vertan.

 

Mit seinen Stützpunkten auf Zakynthos und Kephallenia konnte Athen den Golf von Korinth blockieren. Seebundmitglieder, die auf dumme Gedanken kamen, wie Mytilene auf Lesbos, wurden schnell wieder auf Kurs gebracht. Als Seemacht versuchte man nun, Sparta und seine Verbündeten an unterschiedlichen Orten zu nerven.

Es wurde eine Expedition nach Sizilien geschickt, um das mit Korinth verbündete Syrakus anzugreifen. Auf dem Weg dahin gab es schöne Erfolge. So wurde der Ort Pylos an der Westküste des Peloponnes eingenommen und konnte sogar gehalten werden. 425 v. Chr. fielen in der Schlacht von Sphakteria, einer Insel, die die Bucht von Pylos wie die Sehne eines Halbkreises fast vollständig schützt, sogar 102 spartanische Elitesoldaten in die Hände Athens. Wenn wir den Chroniken glauben, standen in dieser Schlacht allerdings 8.000 Athener gegen 420 Spartaner, der Erfolg war also nur bedingt überraschend.

 

Nun waren die Spartaner friedenswillig, nun stellte aber Athen unannehmbare Forderungen. Es ging also weiter.

 

Athen war in Vorhand, konnte durch Nikias die Insel Kythera im Süden des Peloponnes erobern und damit die seeseitige Kontrolle des Herrschaftsgebiets der Spartaner weiter verstärken. Die gefangenen Soldaten wurden als Geiseln nach Athen gebracht und sollten Sparta vor weiteren Einfällen in das attische Land abhalten.

 

Theben mischt mit

Frieden wollte Athen nicht schließen, es sann jetzt auf die Vormacht in Mittelgriechenland. Dazu sollte Böotien mit Theben angegriffen und erobert werden. Demosthenes (gest. 413 v. Chr.) und Hippokrates (gest. 424 v. Chr.), zwei der Athener Strategen, verabredeten 424 v. Chr. einen Zangenangriff, übersahen dabei aber leider, dass eine Zange immer dann besonders gut funktioniert, wenn beide Seiten gleichzeitig am Punkt des Geschehens auftauchen. Demosthenes traf leider zu früh am Ort des Geschehens ein. Er unterlag den Böotiern und war schon auf dem Rückmarsch, als Hippokrates erschien. Dieser konnte zunächst den Stützpunkt, das Heiligtum Delion, kampflos einnehmen und sichern. Die Böotier hatten sich erst einmal zurückgezogen und sondierten die Lage. Also befestigte Hippokrates das Heiligtum und machte sich auf den Heimweg. In diesem etwas ungeordneten Zustand des Aufbruchs kam es zur Schlacht, der einzig richtigen Landschlacht im Archidamischen Krieg. Athen unterlag. Im Anschluss konnten die Thebaner auch das Heiligtum wieder erobern, wobei sie erstmals in der Geschichte einen Flammenwerfer einsetzten, um die aus Holz und Flechtwerk bestehenden Befestigungen zu überwinden. Spätere Versuche an Steinmauern waren dann nicht mehr so erfolgreich.

 

Sparta sucht und findet Freunde

Auch die Spartaner hatten sich etwas überlegt. Sie kupferten die Strategie der Athener ab, die den Peloponnes ja seeseitig quasi einkesseln wollten. So suchte Sparta jetzt einen Weg, seinerseits Athen zu umzingeln.

 

Sie schickten ihren Heerführer Brasidas (gest. 422 v. Chr.) nach Nordgriechenland, um dort Athen und seine Verbündeten anzugreifen. Zudem sollte er den makedonischen König Perdikkas II. (gest. 413 v. Chr., reg. 454 bis 413 v. Chr.) auf die Seite Spartas ziehen. Als kleiner Staat an der Peripherie lavierten die Makedonen traditionell zwischen den Großen dieser Welt. Einhundert Jahre später sollte sich dies mit zwei Herren namens Philipp (382 bis 336 v. Chr., reg. 359 bis 336 v. Chr.) und Alexander gravierend ändern. Perdikkas unterschrieb einen Bündnisvertrag. Brasidas war froh. Seine Freude steigerte sich, als er 424 v. Chr. die Stadt Amphipolis, einen wichtigen Stützpunkt Athens erobern konnte. Hierbei traf er im Übrigen auf Thukydides, der zu dieser Zeit als athenischer Stratege die Truppen dieser Stadt befehligte.

 

Zwei Dämpfer in einem Jahr für ein Athen, das kurz vorher noch alle Trümpfe in der Hand gehalten hatte. Jetzt musste es zittern, da Sparta und seine Verbündeten nun die wichtigen Handelswege aus dem Norden bedrohten, auf denen Athen insbesondere mit Getreide aus der Ukraine und mit Holz für die Flotte versorgt wurde.

 

Bäumchen wechsel dich

In beiden Hauptstädten war man mittlerweile dann doch gewillt, zumindest einen Waffenstillstand zu schließen. 423 v. Chr. gelang dies auch. Es wäre bei dem ganzen Hin und Her allerdings verwunderlich, wenn es nun Ruhe gegeben hätte. Es fehlten zu diesem Zeitpunkt schnelle Läufer wie Pheidippides zu Zeiten der Perserkriege.

 

Poteidaia haben wir bei den auslösenden Faktoren für diesen Krieg schon kennengelernt. Es liegt an der Wurzel des westlichen Fingers der dreifingrigen Chalkidike und war zu der Zeit in der Hand Athens. Skione, an der Fingerkuppe dieser Halbinsel gelegen, wechselte nun plötzlich zu Brasidas und den Spartanern. Das war ein mutiger Schritt, da die Zufahrtswege zu Land auf jeden Fall über Poteidaia liefen und die Athener weiterhin die beherrschende Seemacht in der Ägäis waren. Die Persönlichkeit des Brasidas, seine Militärkunst und seine Verlässlichkeit sollen hier den Ausschlag gegeben haben. Nun stritt man über den Tag des Bündniswechsels. Tatsächlich war er wohl nach dem Abschluss des Waffenstillstands erfolgt. Wenn die Botschaft schneller vor Ort bekannt gewesen wäre… hätte, hätte, Fahrradkette.

 

Brasidas weigerte sich, die Stadt wieder herauszugeben. Verstärkt wurde das Problem noch dadurch, dass auch Mende, zwischen Skione und Poteidaia gelegen, dem Schritt Skiones folgte, dies nun eindeutig, nachdem der Waffenstillstand vereinbart war. Dass Brasidas die Städte nicht wieder hergab, war militärstrategisch nachvollziehbar, widersprach aber allen Gepflogenheiten. Athen schäumte, und als Brasidas gerade anderen Orts unterwegs war, holte man sich zumindest Mende zurück, Waffenstillstand hin oder her. Für Brasidas wurde es aber insbesondere deshalb ungemütlich, weil der Makedone Perdikkas mittlerweile meinte, dass Athen vielleicht doch die besseren Karten hätte und auch die Seiten wechselte, nun von der spartanischen zur athenischen. Direkte Folge war, dass ein spartanisches Heer nicht nach Norden durchgelassen wurde und so keine Hilfe bei Brasidas ankam. Wir sehen, dass irgendwelche Friedensschlüsse in Athen oder Sparta jetzt keine Rolle mehr spielten.

 

Show-down

422 v. Chr. kam es dann zum Show-down. Kleon und Brasidas, die beiden Anführer der jeweiligen Kriegspartei, standen sich vor Amphipolis gegenüber. Kleon war mit einem Heer gegen die Chalkidike gezogen und hatte erste Erfolge erzielt, insbesondere das ebenfalls zu den Spartanern übergelaufene Torone auf dem mittleren der Chalkidike-Finger zurückerobert. Brasidas konnte dies nicht verhindern, er kam zu spät. Die Soldaten in Kleons Heer drängten in Erinnerung an Pylos und im Überschwang des Erfolges auf weitere Taten. Kleon sah sich, um die Unruhe unter den eigenen Leuten nicht übermächtig werden zu lassen, gezwungen zu handeln. Er zog gegen Amphipolis, wo Brasidas sich bereits verschanzt hatte. Kleon wollte die gesicherte Stadt nicht ohne weitere Unterstützung angreifen und befahl den Rückzug. Diesen Moment der Umorientierung und Auflösung der Formationen nutzte Brasidas zu einem Ausfall, der für die Athener vernichtend ausfiel. Kleon wurde getötet, aber auch Brasidas so schwer verletzt, dass er seinen Verwundungen erlag. 600 Tote auf athenischer standen sieben auf spartanischer Seite gegenüber.

 

Frieden!?

Mit Kleon und Brasidas waren vor Amphipolis die beiden Protagonisten der Kriegsparteien gefallen. Sowohl Athen als auch Sparta erkannten endlich, dass ein vollständiger Sieg in dieser Auseinandersetzung kaum zu erringen war. Also setzte man sich im Winter 422/21 v. Chr. an einen Tisch. Es waren schwierige Verhandlungen. Schließlich einigten sich die Parteien darauf, den Status quo ante wiederherzustellen und alles, was während des Krieges erobert worden war, zurückzugeben.

 

Problem war nur, dass die Bündnispartner der beiden diese Idee nicht so gut fanden. Insbesondere Spartas Alliierte wie Theben oder Korinth sahen sich benachteiligt und unterschrieben den Friedensvertrag nicht. Sparta ließ zwar vertragsgemäß seine Kriegsgefangenen frei, der Kommandant in Amphipolis aber weigerte sich, die Stadt an die Athener zu übergeben. Wir denken mal positiv und vermuten, dass er die Einwohner der Stadt vor Racheaktionen der Athener schützen wollte. Letztlich wurde er aus der Heimat gezwungen, abzuziehen. Die Einwohner öffneten die Tore den Athenern dennoch nicht.

 

Ungünstig für Sparta war weiterhin, dass der 30-jährige Friedensvertrag mit Argos, im Nordwesten des Peloponnes gelegen, so langsam auslief. Ganz im Sinne der auf Absicherung fußenden Staatsphilosophie zog man die Reißleine und schloss mit Athen über den Friedensvertrag hinausgehend noch einen Bündnisvertrag, der gegenseitige Unterstützung im Fall eines Angriffs vorsah. Aus Feinden wurden Freunde? Wenn es doch so einfach wäre.

 

Sparta hat Probleme

Im Grunde war Sparta nun moralisch unten durch. Man konnte die Verpflichtungen des Friedensvertrages nicht erfüllen, da die Bündnispartner nicht mitmachten. Dies führte sogar dazu, dass man wegen unbezahlter Rechnungen von den Olympischen Spielen ausgeschlossen wurde. Und man musste die Stadt, die man vor wenigen Monaten noch bekämpft hatte, um Unterstützung gegen das potentiell gefährliche, aber eben doch verhältnismäßig kleine Argos bitten.

 

Durcheinander

Bei den übrigen griechischen Städten setzte nun eine gewisse Hektik ein. Die neue Situation war zu bewerten und aus dieser Analyse mussten Konsequenzen für die eigene Positionierung folgen. Korinth schloss beispielsweise nun ein Bündnis mit Argos, Theben blieb auf Spartas Seite. Argos verhandelte irgendwie mit allen und erhöhte die Verwirrung. Man sprach mit Sparta und fand fast eine Einigung über einen ewig schwelenden Gebietsstreit, gleichzeitig war eine andere Delegation in Athen unterwegs, um ein Kriegsbündnis gegen Sparta zu schmieden.

 

Die Spartaner waren misstrauisch und schickten eigene Leute nach Athen, die dort in einen innenpolitischen Konflikt zwischen Nikias, dem Namensgeber des Friedens, und Alkibiades (etwa 450 bis 404 v. Chr.) schürten. Alkibiades war ein Neffe Perikles‘, Nachfolger Kleons als Anführer der Kriegspartei und als solcher Befürworter eines Bündnisses mit Argos. Er setzte sich letztlich durch, auch weil Nikias mit einem Versuch scheiterte, mit einer Gesandtschaft nach Sparta den Frieden zu sichern.

 

Der Krieg geht weiter

Dort hatte ebenfalls die Kriegspartei unter ihrem Führer Xenares (gest. 420/419 v. Chr.) Oberwasser. So kam es zum Bündnis zwischen Athen und Argos und die vorher geschlossenen Friedensverträge zwischen Sparta und Athen waren Makulatur. Sparta war isoliert und ziemlich am Ende. 419 v. Chr. zog Alkibiades durch den Peloponnes und unterstützte Argos im Kampf gegen das noch mit Sparta verbündete Epidauros. Das hätte sich Sparta kurz zuvor noch nicht gefallen lassen (müssen).

 

Sparta kämpft … und hat Erfolg

So konnte es nicht weitergehen und die Spartaner entschlossen sich 418 v. Chr. zu einem Befreiungsschlag. Die Vormachtstellung auf dem Peloponnes lag aufgrund der Athener Hilfe mittlerweile bei Argos, den eigenen Verbündeten in der unmittelbaren Umgebung konnte man nicht mehr helfen. Es musst etwas geschehen. Also packte man den Stier bei den Hörnern und zog gegen Argos. Bei Mantineia besiegten das spartanische Heer die verbündeten Truppen aus Argos, Athen, Elis und Mantineia. Damit war die spartanische Vormachtstellung wieder gesichert, das gegen sie gerichtete Bündnis zwischen Argos und Athen zerbrach, Argos wandte sich sogar von der Demokratie ab und der Oligarchie zu.

 

Melos: Nicht jeder Sieg ist ein Erfolg

Athen tat jetzt zwei Dinge, die sich letztlich als unklug herausstellen sollten. Zur Sicherung der Vormachtstellung im Attischen Seebund wurde 416 v. Chr. die Insel Melos etwa in der Mitte zwischen Athen und Kreta gelegen, angegriffen und erobert. Die Melier verfolgten eine Politik der Neutralität, die von Athen nicht toleriert wurde. Die Aktion trug ihnen wenig Freunde ein, da sie alle Männer hinrichten ließen und die Frauen und Kinder in die Sklaverei verkauften. Wir lernen neuerlich, dass Demokratie und Rechtsstaat zweierlei Dinge sind und man die Geschichte Athens nicht verklären sollte.

 

Wieder gen Sizilien

Für den weiteren Verlauf des Peloponnesischen Krieges war vor allem die zweite Sizilienexpedition entscheidend, die 415 v. Chr. begann. Die Idee hatte Alkibiades, der sich auch hier gegen den stets vorsichtigeren Nikias durchsetzen konnte. Wieder ging es gegen Syrakus. Diesmal ging es schief. Alkibiades kam gar nicht richtig an, da wurde er schon zurückgerufen. Ihm wurden Religionsfrevel vorgeworfen, unter anderem die Beteiligung an der Verstümmelung der Hermen. Das sind pfeilerartige Büsten von Schutzgöttern, ursprünglich nach dem Wegegott Hermes benannt. Es gab nahezu vor jedem Haus in Athen eine solche Statue, denen nach der Nacht vom 10. auf den 11. Mai plötzlich Köpfe und Penisse fehlten. Viele vermuteten einen Komplott gegen den erfolgreichen Heerführer. Alkibiades ahnte, was ihm bei einer Rückkehr blühen würde, und floh nach … Sparta.

 

Nikias und seinem Co-Kommandeur Lamachos (gest. 413 v. Chr.) blieben in Sizilien. Ihnen gelang es allerdings nicht, Syrakus einzunehmen, sie waren in den entscheidenden Situationen zu langsam. Sparta schickte den Syrakusern nur wenig Unterstützung, unter anderem aber den fähigen Feldherrn Gylippos (gest. um 404 v. Chr.), dem es 413 v. Chr. gelang, die gesamte athenische Flotte im Hafen von Syrakus zu vernichten. Nikias und Lamachos wurden von den Syrakusanern gefasst und hingerichtet. Bedächtig sein ist häufig klug, es gibt aber Situationen, da gebraucht es Handlungsschnelligkeit. Diese ging Nikias letztlich zu sehr ab.

 

Die zuletzt geschilderte Phase des Peloponnesischen Krieges steht in den Büchern unter der Überschrift »Nikiasfrieden«. Wir haben verstanden, dass Nikias zwar den Frieden wollte und man auch einen entsprechenden Vertrag unterzeichnete. Was in den sieben Jahren dann passierte, hatte mit Frieden allerdings wenig zu tun.

 

Das nächste Mal bringen wir diesen leidigen Krieg zu Ende.